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Der revisionistische Historiker Ernst Nolte provoziert den „Historikerstreit” (6. Juni 1986)

Mit seinem Angriff auf die „Schwarz-Weiß-Bilder” der Vergangenheit löste der nationalkonservative Historiker Ernst Nolte eine heftige Kontroverse über die deutsche Verantwortung für den Holocaust aus. Er wies darauf hin, daß die Bolschewiken viele der kriminellen Methoden, die die Nazis später gebrauchten, bereits anwandten, und schloss daraus, dass diese lediglich auf den roten Terror reagierten.

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Vergangenheit, die nicht vergehen will: Eine Rede, die geschrieben, aber nicht mehr gehalten werden konnte


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Schwarz-Weiß-Bilder

Dafür gibt es gute Gründe. Je eindeutiger sich die Bundesrepublik Deutschland und die westliche Gesellschaft überhaupt zur ‚Wohlstandsgesellschaft’ entwickeln, um so befremdender wird das Bild des Dritten Reiches mit seiner Ideologie der kriegerischen Opferbereitschaft, der Maxime ‚Kanonen statt Butter’, der bei Schulfesten im Chor herausgeschmetterten Edda-Zitate wie ‚Unser Tod wird ein Fest’. Alle Menschen sind heute Gesinnungspazifisten, aber sie können gleichwohl nicht aus sicherer Distanz auf den Bellizismus der Nationalsozialisten blicken, denn sie wissen, daß die beiden Supermächte Jahr für Jahr weitaus mehr für ihre Rüstung ausgeben, als Hitler von 1933 bis 1939 ausgegeben hatte, und so bleibt eine tiefe Unsicherheit, die den Feind lieber im Eindeutigen anklagt als in der Verwirrung der Gegenwart.

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Aber war es wirklich nur die Verstocktheit des ‚pays réel’ der Stammtische, die diesem Nichtvergehen der Vergangenheit widerstrebte und einen ‚Schlußstrich’ gezogen wissen wollte, damit die deutsche Vergangenheit sich nicht mehr grundsätzlich von anderen Vergangenheiten unterscheide?

Steckt nicht in vielen der Argumente und Fragen ein Kern des Richtigen, die gleichsam eine Mauer gegen das Verlangen nach immer fortgehender ‚Auseinandersetzung’ mit dem Nationalsozialismus aufrichten? Ich führe einige dieser Argumente oder Fragen an, um dann einen Begriff desjenigen ‚Verfehlens’ zu entwickeln, das nach meiner Auffassung das entscheidende ist, und diejenige ‚Auseinandersetzung’ zu umreißen, die von einem ‚Schlußstrich’ ebenso weit entfernt ist wie von der immer wieder beschworenen ‚Bewältigung’.

Gerade diejenigen, die am meisten und mit dem negativsten Akzent von ‚Interessen’ sprechen, lassen die Frage nicht zu, ob bei jenem Nichtvergehen der Vergangenheit auch Interessen im Spiel waren oder sind, etwa die Interessen einer neuen Generation im uralten Kampf gegen ‚die Väter’ oder auch die Interessen der Verfolgten und ihrer Nachfahren an einem permanenten Status des Herausgehoben- und Privilegiertseins.

Die Rede von der ‚Schuld der Deutschen’ übersieht allzu geflissentlich die Ähnlichkeit mit der Rede von der ‚Schuld der Juden’, die ein Hauptargument der Nationalsozialisten war. Alle Schuldvorwürfe gegen ‚die Deutschen’, die von Deutschen kommen, sind unaufrichtig, da die Ankläger sich selbst oder die Gruppe, die sie vertreten, nicht einbeziehen und im Grunde bloß den alten Gegnern einen entscheidenden Schlag versetzen wollen.

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