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Unter den Osmanen – Ogier Ghiselin de Busbecq in Istanbul (1552-62)

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Wenn du nach griechischen Büchern fragst, und wenn du gehört hast, ich hätte viele seltene Dinge und einige ungewöhnliche Tiere mitgebracht, so ist das alles nicht sehr der Rede wert. Ich habe einen ganz zahmen Ichneumon mitgebracht, bekannt durch seinen Haß und seine tötlichen Kämpfe mit Krokodil und Schlange. Ich hatte auch ein hervorragend schönes Wiesel von der Gattung der Zobelmarder, habe es aber unterwegs verloren. Ich habe mehrere so edle, herrlich gewachsene Pferde wie vor mir noch niemand, dazu sechs weibliche Kamele mitgeführt. Von Setzlingen und Kräutern habe ich diesmal fast nichts, nur Abbildungen, die ich für Mattioli aufbewahre; denn Kalmus und vieles andere habe ich schon vor Jahren an ihn gesandt. Teppiche, nach babylonischer Art besticktes Linnen, Schwerter, Bogen und Pferdegeschirr, dazu viele recht feine Arbeiten aus Leder, besonders Roßleder, auch andere Kleinigkeiten türkischen Gewerbefleißes habe ich, oder richtiger gesagt, hatte ich. Denn in dieser großen Versammlung fürstlicher Männer und Frauen zu Frankfurt, wo ich vielen vieles freiwillig verehre, vieles auf Bitten nicht abschlagen mag, ist mir nur wenig übrig geblieben. Aber ich denke, auch das andere ist gut untergebracht; nur mit einem verschwendet zu haben bereue ich, nämlich mit dem Balsam. Denn die Ärzte haben seine Echtheit in Zweifel gezogen, weil er nicht vollständig den Angaben des Plinius zu entsprechen scheint. Vielleicht ist der Grund, daß die Kraft der uralten Pflanzen, aus denen er rinnt, durch die Jahre schwächer geworden ist; dies ist mir jedenfalls gewisser als gewiß, daß er aus den Stauden geflossen ist, die in den Gärten von Matarieh bei Cairo wachsen.

Bevor ich Konstantinopel verließ, habe ich einen spanischen Arzt namens Albacar nach Lemnos geschickt: er sollte dort am sechsten August am Ausgraben der berühmten Terra Lemnia teilnehmen und uns ihre Lagerung und ihren Ursprung, sowie die Art ihrer Förderung und Behandlung in allen Einzelheiten beschreiben. Ich zweifle nicht, daß er es tun wird, wenn keine höhere Gewalt dazwischentritt. Ich selber war lange Zeit begierig, hinüber zu fahren und Augenzeuge zu sein; da es aber von den Türken nicht erlaubt wurde, habe ich das meine getan, um wenigstens Ohrenzeuge zu werden.

Ich bringe ferner eine große Menge alter Münzen mit, von denen ich die besten meinem Herrn schenken will. Ferner ganze Lasten griechischer Handschriften, ja ganze Schiffsladungen; es sind, glaube ich, nicht weniger als 240 Bücher. Ich habe sie über See nach Venedig geschickt, von da sollen sie nach Wien gefahren werden; denn ich habe sie für die kaiserliche Bibliothek bestimmt. Es sind einige nicht zu verachtende unter vielen gewöhnlichen: ich habe alle Winkel durchstöbert, um alle Reste dieser Ware wie in letzter Nachlese zusammen zu bringen. Nur eins habe ich in Konstantinopel gelassen, eine Handschrift von höchstem Alter, ganz in Majuskel, den Dioskorides, mit gemalten Abbildungen von Pflanzen; darin sind auch, wenn ich nicht irre, kleine Stücke von Cratevas und ein Büchlein über die Vögel. Die Handschrift liegt bei einem Juden, dem Sohne des verstorbenen Hamon, des Arztes Suleimans; ich hätte sie gern gekauft, aber mich schreckte der Preis. Denn es wurden hundert Dukaten verlangt, eine Summe für den kaiserlichen, nicht für meinen Beutel. Ich werde den Kaiser unablässig bitten, einen so berühmten Schriftsteller aus der Knechtschaft loszukaufen. Das Buch ist durch Alter in schlechtestem Zustand, es ist außen so von Würmern zernagt, daß es kaum einer aufheben würde, wenn er es am Wege fände.

Aber nun genug des Briefes, erwarte nächstens mich selbst: alles übrige sei für unsere Begegnung aufgespart. Halte du nur gute und gelehrte Männer bereit, damit ich in der Anmut ihrer Unterhaltung und ihres Umgangs alles in meinem Geist auslösche, was noch von Ekel und Elend aus dem langen Zusammensein mit Türken darin geblieben ist. Lebe wohl!

Frankfurt, den 16. Dezember 1562.



Quelle: Ogier Ghislain de Busbecq, Vier Briefe aus der Türkei, aus dem Lateinischen übersetzt von Wolfram von den Steinen. Erlangen: 1926, S. 43-49 (A); 217-224 (B).

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