GHDI logo

Protestanten und Radikale – Die Debatte zwischen Martin Bucer und hessischen Täufern (1538)

Seite 3 von 10    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


S.: Solchs sei geret von der kirchen und fragt, wan sie nu nit tu, was christlich ist, sollen sich dan diejhenig, so bessers verstants seind, von inen nicht sondern?

B.: Strafen und warnen, wer nit den rechten weg gehet und meiden alles unrecht, ist nicht verboten. Aber sich sondern, ist unrecht.

J.: Paulus spricht [Gal. 5, v. 21]: Die ungerechten werden nit das reich gottes erben. So nu sie unrecht tun, solle er dan nicht von inen gehen, ob noch etliche weren, die sich bessern wolten?

B.: Die ungerechten, die darinne beharren, werden nicht erben etc. Das aber nu die von Marpurgk alle ungerecht seien, kan er nicht glauben. Sagt nochmals, er hab kein schrift.

J.: Er hab fugk durch die schrift, us und us* unrecht zu meiden.

B.: Gestehet, unrecht zu meiden. Aber wan er einen ermanet hab, das er sich von dem absondern solle, so lang inen die kirch nicht banne, des hab er kein schrift.

J.: Hab die predicanten hievor im anfang uberzeugt, das sie das wort nicht gehabt haben, hab er sie und das unrecht gemieden.

B.: Repetirt sein beger, soll ime schrift anzeigen seins meidens.

J.: Sagt, man stelle ime diese kirch als ein christliche kirch. Fragt, ob auch das ein cristlich kirch seie, nachdem sie eines irtumb erkent und inen nicht verbannet hab.

B.: Sol vorschrift geben seins meidens. Wo nu ein gemein ist, die gerne das wort gottes horet, die seie ein christliche kirche. Wo nu die den sunder nicht verwerfe, hab er kein ursach, inen zu meiden. Wo gleubig leude seind und haben einen prediger und andere vorsteher, ob die schon seumig erfunden werden, im etwas arges zu strafen, sol doch keinem sondern menschen geburen, sie zu meiden oder bennig zu halten, den solche kirch nit verbannet.

J.: Meint, es solt vor geschlossen sein und sei noch sein antwort: so die gemein Christi gewesen, so were sie in solchem erkentnus fort gefaren; so sie das nit getan, ist sie kein glaubig kirch und werd sie nicht annemen, er wer dan mit warer schrift uberzeugt.

B.: Redt zu den umbstendern, sie haben gehort diese rede, und wil hiruf auch geschlossen und das urteil zu der gemein Christi gestelt haben.

[ . . . ]

Folgends Donnerstags hat erstlich her Buzer den gesterigen handel repetirt. Und fragt Jorgen, ob er lasse ein kirch sein, die in gottes wort glauben. Antwort: die sich mit der warheit ergeben und gelassen stehen in Christo, die acht [er] vor ein kirche.

B.: Also sei man hie auch gesinnet, es seien aber je und je gleissner und sunder in der kirchen gewesen. Wan sie aber nicht erzeugt** werden, seien sie nicht zu verbannen. Die 11 aposteln haben auch nach der sendung des heiligen geists vil mangels gehabt, noch hab ir gemut gestanden zu got. Also wirt noch heutigs tags bei den allerheiligsten, man geschweig bei den schwachen und bloden, vil fehels und mangels neben dem rechten glauben und gemeinschaft der kirchen erfunden.

J.: Fragt, ob er die kirche, von der er sich gesondert, vor ein christliche kirch erkenne.

B.: Was sondere person belangt, lasse er sondere person verantworten, und sol die kirch zu Aldendorf*** alles das bessern, das boes ist. Wilcher nu die kirch nit horen wil, der sol usgeschlossen werden. Und sol in unser kirchen gehandelt werden und gepredigt, wie in der confession keys. Mat. uberantwort. Ist aber fehel und mangel in der lere und sacramenten, das es Jorg anzeige.

J.: Begert zu wissen, ob zu Aldendorf die kirch seie, davon Matthei 18 geschrieben stehet.

B.: Wo man christlich leret, ist eine kirche, hie zu Marpurgk, zu Aldendorf und im ganzen lande zu Hessen erpeut man sich desselben. Ist aber unkraut darunder, das muss man gedulden bis zur ernde, es sei dan, das es also herfurbreche, das mans mit nutze und one nachteil des weizens konde usrotten, wilchs aber alwegen nach der vilgemelten Christi ordenung gescheen soll.

J.: Fragt, wan nu das wort da ist und nit die craft, ob er nu noch die kirche zu Aldendorf vor solche kirchen halte? Er wolle sie bezeugen, das sie wider das wort gehandelt und getan haben.

B.: Das wollen wir horen, und zeigt den mangel an.

J.: Er clag uber die fursteher, die gelerten, wie er gestert gesagt hab, mit dem wucher und dem ban. Aber es geschee inen wie einem fechtmeister, der einen andern an der stat finde, und wurde ime sein schwert und gewalt genomen. Man hab inen ire bucher vor drithalben jar genomen und sie in die finsternus geworfen. Noch haben sie einen trost in irem herzen. Begert, das man ine ir testament reiche, so sie von der kirchen handeln sollen.


* Durch und durch.
** Angezeigt.
*** Der Heimat Schnabels.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite