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Philip Wilhelm von Hörnigk „Österreich über Alles, wenn es nur will” (1684)

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Kapitel X.

[Der Autor geht nun zur Aufzählung der natürlichen Ressourcen Österreichs über. Wir überspringen seine detaillierten Beschreibungen der Gold-, Silber- und Salzvorkommen Österreichs. Er stellt danach fest, dass man zur Ernährung Getreide, Obst, Milchprodukte, Gemüse, Fleisch, Fisch, etc. brauche und fährt wie folgt fort: ]

[ . . . ]

Wem nun das gemeine Sprichwort, die Erblande seien zu Essen und Trinken eigentlich gemacht, nicht unbekannt, der kann leichtlich erachten, daß alle oberzählte Ding nicht nur in Menge, sondern auch in Überfluß fürhanden. Fast nicht ein einiges aus allen Erblanden ermanglet zu seiner Genüge, (den Safran ausgenommen), einiges von beigebrachten Stücken. Und da falls eines, wie Schlesien, des Weins benötiget, kann es sich dessen bei seinem nächsten Mit-Erbland erholen, daß demnach auch solchergestalt das dafür hinausgehende Geld, so zu sagen, noch beim Haus bleibet. Das einige Tyrol versichert sich bei einigen auswärtigen Nachbarn mit Brot, mehr aus Bequemlichkeit als Not; sonsten vielleicht andere österreichische Kornspeicher es noch wohl zur Genüge verlegen könnten. Und was das mehrere, die fürnehmste Stuck als Salz, Getraid, Wein, Rindviehe, Schwein, Teichfisch, Essig, Brantenwein, Obst etc. finden sich in solcher Fülle, daß nur die Klag ist, wohin mit allem zu gelangen. Nachdeme auch nur den Überfluß anzuwenden, damit er nicht verderbe, die Inwohner sich fast zum Luder genötiget finden. Österreich und Böhmen führen in solchem Überfluß vor andern den Reihen, allermeist aber Ungarn, so darinnen gleichsam wie das europäische gelobte Land zu achten. Sein Boden ist tragbar, daß an vielen Orten das gemeine Korn in der zweiten Saat den reinesten Weizen bringt und das Gras mit seiner Höhe das weidende Vieh beinah bedeckt. Das Gewässer ist so faselhaft daß es kein so ungemeineter Scherz ist zu sagen, die Theiß in Oberungarn führe in ihrem Flußbett zwei Teil Wasser und ein Teil Fisch. Der Wein läßt sich einiger Orten, wie um Tockay, dem besten in der Welt entgegen setzen. Das Feld Tönt von allerhand groß und kleinem Viehe. Die Maierhöf laufen von Geflügelwerk gleichsam über, die Luft wimmert von ihren gefiederten Einwohnern, und ist in Summa Ungarn eine wahre Brot-, Schmalz- und Fleischgrube, von deren zu reden ich abbreche, damit ich nicht einen gedingten Lobsprecher abzugeben scheine.

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