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Philip Wilhelm von Hörnigk „Österreich über Alles, wenn es nur will” (1684)

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[ . . . ] Schaue ich mich nun desfalls [für jemanden der Deutschland führen könnte, ihre ökonomische Dependenz auf Frankreich los zu werden] durch ganz Deutschland um, so stellt sich mit mehrerm Anschein und zuversichtlicher Tunlichkeit und des Erfolgs niemand herfür als die röm. kaiserl. Majestät, und solches nicht nur in Ansehen dero oberhauptlichen höchsten Reichswürde und Obliegenheit, sondern fürnehmlich in Betrachtung vorgedachter dero von Gott und der Natur so hoch gesegneten weiterstreckten Erbkönigreich und Länder, die einem einigen Haupt mit gleicher Unterwürfigkeit alle zugetan seind, allsamtlich aneinanderstoßen, gleichsam nur einen Leib formieren, sich einander schließen und eines des andern Mangel und Notdurft mit seinem Überfluß versetzen kann, maßen ein fast nach allem Wunsch und Überfluß mit darinnen fallenden rohen Gütern und deren großen inländischer Konjunktion also bevorteilet seind, daß sie sich mit Fug rühmen könnten, wofern einigem Staat in Europa es fürwahr ihnen zukommen müßte, beinah wie eine kleine Welt in sich selbst zu bestehen, und ohne fremdes Zutun, nicht nur nach Notdurft, sondern auch nach der Bequemlichkeit, wann nur die rechte wohlmögliche Anstalt ihnen zu Hülf käme, versehen zu sein. [ . . . ]

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Kapitel VI.

[Die Entwicklung dieser Länder zu einer wirtschaftlichen Autarkie ist aufgrund der veränderten politischen Konstellation umso notwendiger.]

[ . . . ] Auch konnten sich vor hundert Jahren die Voreltern in Türken und anderer Not noch auf das Römische Reich und die Nebenstände verlassen. Zu unsern Zeiten aber gehet durch die List der Franzosen alles in solche Zerrüttung, daß man sein Datum auf niemand als Gott und sich selbst setzen muß und fast keiner dem andern, wann es ihn gleich selbst mit angehet, den wenigsten nachbarlichen Beistand ohne bare Bezahlung leisten will. Dahero ist einem jeden geraten, auf seiner eigenen Hut zu stehen. Dann wer in Zeit der Not zu Haus im Beutel wohl fortifiziert ist, wohl dem! Wo nicht, so mag er alsdann sich resolvieren, nicht nur des Feindes, sondern auch der Freunde und Helfer untergebener Knecht zu sein. Gegen solches Unglück kann Österreich, wann es nur will, fürohin mit dem Dritteil des Kapitals, so nun jährlich für lauter unnötige Dinge hinauswärts und fast meistens nach Frankreich gehet, sich jedesmals verwahren.

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Kapitel IX.

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