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Veit Ludwig von Seckendorff, Auszüge aus Teutscher Fürsten-Staat (1656)

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§ 2. Uber diß aber, und insonderheit sind auch etliche gewisse haupt-sachen, die der landes-herr in seiner regierung, gegen alle seine unterthanen, nicht allein wie in vorgemeldeten gemeinen stücken, gewissens halben, und bey der verantwortung, die einsten der höchste Gott von ihm fordern wird, sondern auch äusserlicher verbindlicher schuldigkeit wegen, in acht nehmen muß, entweder, daß Er, oder seine vorfahren, es also versprochen und zugesagt, oder Ihme in allgemeinen teutschen rechten und satzungen auff diese maasse aufferleget, oder dem alten herkommen also gemäß ist.

§ 3. Das vornehmste dieser stücke ist zu achten, die erhaltung der religion, wie solche im lande üblich und gebräuchlich ist. Denn nach nunmehrigen reichs-satzungen sind die meisten teutschen fürstenthümer und herrschafften, und dero jedesmal regierende obrigkeit verbunden, die unterthanen wieder ihre christliche und im religions-frieden zugelassene glaubensbekäntnisse, und öffentliche, oder sonst hergebrachte übung derselben, nicht zu beschweren, sondern sie vielmehr gebührlich dabey zu schützen, wie hievon unten im 11. capitel deutlicher bericht geschehen wird.

§ 4. Fürs andere pflegen die unterthanen des landes für ein besonder befügniß zu begehren, und ist auch also in den reichs-satzungen versehen, daß der landes-herr über gericht und gerechtigkeit im lande halten, und dahin trachten solle, daß einem jeden auf seine klage verhör und bescheid, und auf dasjenige, was er im recht erhält, gebührliche hülffe an orten und gerichts-stellen, wie von alters herkommen, wiederfahre, auch unerhörter und unbekandter dinge, niemand verdammet oder gestraffet werde. Denn im fall die Landesherren dißfalls keine rechte anstalt machen, die leute recht- und hülffloß lassen, oder ohne einige form des gerichtes nach eigenem sinn verfahren wollten, hätten sich die stände und unterthanen des landes dessen mit fug zu beschweren, auch in beharrlicher versagung und unordnung, bey der hohen reichs-obrigkeit, um vermittelung sich zu beklagen.

§ 5. Fürs dritte, sind die unterthanen der teutschen landesherrschafften bey ihren hab und gütern dergestalt berechtiget, daß der landes-herr nicht macht hat, dieselbe ihnen, wie etwa in etlichen tyrannischen oder sonst eigenmächtigen harten herrschafften geschehen mag, gantz, oder zum theil, seines gefallens zu nehmen, oder mit andern renthen, zinsen und rechnungen, als die von alters her, oder aus neuen rechtmäßigen ursachen darauf gebracht sind, zu beschweren, und also dieselben nach seinem gutdüncken zu schätzen und zu belegen. Würde aber im gantzen reich, oder in dem kreiß, darein das fürstenthum oder land gehöret, eine anlage gemacht, oder auf des landes-herrn ansinnen, aus bewegenden ursachen, von den ständen des landes etwas gewilliget, alsdenn ist der landes-herr befugt, solches von den unterthanen einzubringen, wie hievon part. 3. cap. 3 tit. von der landes steuerbarkeit, unterricht erfolgen soll.

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