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Verurteilung der Mauer durch die westdeutsche Regierung (18. August 1961)

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Die Welt war am 13. August 1961 Zeuge des ersten Schrittes auf dem Wege zur Verwirklichung der angekündigten Ziele. Das nach den Regeln des Völkerrechts gültige Viermächtestatut der Stadt Berlin ist erneut gebrochen worden. Die jüngste Maßnahme ist zugleich die schwerwiegendste und brutalste. Die von den Behörden der sowjetischen Besatzungszone auf Weisung ihrer Auftraggeber durchgeführten Absperrungmaßnahmen innerhalb der Stadt Berlin und zwischen der Stadt und der sowjetisch besetzten Zone sollen offensichtlich der Auftakt sein für die Abschnürung des freien Teiles der deutschen Reichshauptstadt von der freien Welt.

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Es mutet wie eine makabre Groteske an, wenn sich die Vertreter des Ulbricht-Regimes heute hinstellen und erklären, daß die Deutschen in der Zone das Selbstbestimmungsrecht bereits ausgeübt hätten.

Der ständige Flüchtlingsstrom der vergangenen Wochen und Jahre spricht eine andere Sprache, die Sprache der Wirklichkeit. Es ist aufschlußreich, sich in das Gedächtnis zurückzurufen, wann dieser verstärkte Flüchtlingsstrom erneut einsetzte. Er setzte ein, als die massiven Drohungen des sowjetischen Ministerpräsidenten, einen Friedensvertrag mit der Zone abzuschließen, den Menschen in der Zone die Hoffnungslosigkeit ihrer Situation vor Augen führten. Für diese Menschen wurde der angekündigte Separationsvertrag ein Alpdruck, dem sie unter allen Umständen entrinnen wollten. In ihrer seelischen Verzweiflung sahen diese Menschen keinen anderen Ausweg als ihre Heimat in der Zone unter Aufgabe von Hab und Gut und unter Gefährdung ihres Lebens zu verlassen, um in der Bundesrepublik ein neues Leben in Freiheit zu beginnen und aufzubauen. Ihr freier Entschluß, ihre Heimat aufzugeben, war die einzige Form, in der sie das ihnen verbliebene persönliche Selbstbestimmungsrecht ausüben konnten. Es blieb ihnen nichts anderes übrig als die „Abstimmung mit den Füßen“, um diesen Ausdruck Lenins zu gebrauchen. Mit dieser Abstimmung haben diese Menschen der Welt gezeigt, was sie wirklich wollen: Sie wollen die Freiheit und nicht die Unfreiheit.

(Beifall der CDU/CSU.)

Die Bundesregierung hat sichere Unterlagen dafür, daß trotz einer 16jährigen Terrorherrschaft kommunistischer Funktionäre in der Zone über 90% der dort lebenden Deutschen das Regime, welches sie unterdrückt, ablehnen, den Sklavenstaat, den man ihnen aufgezwungen hat, verachten und nichts sehnlicher als die Vereinigung mit den in der Freiheit lebenden Deutschen wünschen.

Die Sowjetunion, meine Damen und Herren, behauptet, immer wieder, daß der jetzt gültige Status der Stadt Berlin eine der Ursachen für die bestehenden Spannungen sei. Es ist nicht nötig zu wiederholen, daß diese Behauptung unrichtig ist. Wohl aber ist es angebracht, nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß eine Lösung des Deutschlandproblems auf der Grundlage der Selbstbestimmung der beste, ja der einzige Weg ist, um die Spannungen und Schwierigkeiten auszuräumen.

(Beifall der CDU/CSU.)

Eine solche Lösung wäre wirklich ein echter Beitrag zur Erhaltung und Sicherheit des Friedens in der Welt.

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Wir sind jedoch weit davon entfernt, in militärischen Maßnahmen eine Lösung der künstlich von der Sowjetunion erzeugten Krise zu erblicken. Die Bundesregierung ist nicht davon überzeugt, daß der sowjetische Ministerpräsident einen Krieg auslösen will, der auch sein Land vernichten würde. Die Bundesregierung glaubt, daß es nach wie vor möglich ist, aus der Lage, in der die Welt sich befindet, durch Verhandlungen einen Ausweg zu finden.

(Beifall der CDU/CSU.)

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