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Karl Friedrich Schinkel, Gotische Kathedrale (1811)

Obwohl Karl Friedrich Schinkel wohl am besten als Architekt für seine klassizistische Umgestaltung Berlins bekannt ist, war er dennoch ganz ein Künstler seiner Zeit. Insofern war er der romantischen Vorstellung von der gotischen Kathedrale als Symbol deutscher nationaler Einheit und geistiger Erneuerung verhaftet. Für Schinkel stellte die gotische Kathedrale, wie für viele seiner künstlerischen Zeitgenossen, eher ein Ideal als eine tatsächliche Welt dar. Dementsprechend ist dieses Gemälde auch keine Abbildung einer speziellen Kathedrale. Wie auch die Gemälde Gotische Kathedrale am Wasser (1813), Gotische Kirche auf einem Felsen am Meer (1815) und Mittelalterliche Stadt an einem Fluss (1815), zeigt dieses Bild eine Kathedrale auf dem Gipfel eines Berges, hoch über einer Stadt – ein spiritueller Ort, zu dem die Stadtbewohner wie auf einer Pilgerreise hinaufsteigen müssen. Das Bild muss als romantische Allegorie und nicht als präzise architektonische Perspektive verstanden werden.

In den turbulenten frühen Jahren des 19. Jahrhunderts, hatte Schinkel, bevor ihm das Ende der Napoleonischen Kriege eine höchst erfolgreiche Karriere als Architekt im Dienst des preußischen Königs ermöglichte, seine Talente häufig auf das romantische Streben danach konzentriert, den Betrachter in eine jenseitige, magische Sphäre zu versetzen. Er bediente sich hierzu einer neuartigen Form der Unterhaltung – der Ausstellung von Panoramen und Dioramen, in denen riesige, den Raum umgreifende Ansichten (meistens von beliebten Touristenattraktionen) in einem geschlossenen Gebäude ausgestellt wurden und so dem Betrachter den Eindruck vermittelten, sich selbst in der dargestellten Landschaft zu befinden. Schinkel verstärkte die Illusion zusätzlich, indem er seine Ansichten auf transparente Folien malte und diese von hinten beleuchtete. Eine dieser Ausstellungen des Jahres 1811 enthielt ein Gemälde einer gotischen Kathedrale, welches der Beschreibung in einer Berliner Zeitung zufolge dem hier abgebildeten Gemälde, das aus demselben Jahr stammt, sehr ähnlich gewesen sein muss.

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Karl Friedrich Schinkel, <I>Gotische Kathedrale</i> (1811)

© Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz
Original: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Schloß Charlottenburg.