Caspar David Friedrich, Winter – Klosterruine und Kirchhof am Meer (um 1826)
Caspar David Friedrich (1774-1840) ist wahrscheinlich beim heutigen Publikum als Maler genau dieser Art kahler Winterlandschaften am besten bekannt – eine Szenerie angefüllt mit drastischen Erinnerungen an die Sterblichkeit des Menschen und den Verlust geistiger Klarheit, die die Kirche im Mittelalter einmal geboten hatte. Das Motiv des Pilgers, der am Ende seines Lebens auf einem Friedhof bei einer Klosterruine ruht – das Schwinden seiner Tage symbolisch zum Ausdruck gebracht in der abendlichen Stunde und dem Jahresende – beschäftigte Friedrich tatsächlich während seiner gesamten Karriere von rund vierzig Jahren. Seine Begeisterung für dieses Motiv gründete sich teilweise auf seine eigenen, tief religiösen Überzeugungen, teilweise auf die allgemeine Besessenheit der Romantik mit allem Morbiden und Gespenstischen, und sehr wahrscheinlich auch durch eine tragische prägende Erfahrung aus seiner Kindheit, als er miterleben musste, wie sein Bruder im dünnen Eis einbrach und ertrank. Winter – Klosterruine und Kirchhof am Meer (um 1826) gehört zu einem siebenteiligen Zyklus von Sepia-Zeichnungen, der die Abschnitte des Lebens von seinen göttlichen Ursprüngen (symbolisiert im Sonnenaufgang über dem unberührten Meer) bis zu seinem ewigen Triumph über das Grab hinaus (die Seele, die, von Engeln begleitet, in den Himmel aufsteigt) darstellt. Der Zyklus wurde 1826 fertiggestellt und dann mit wenigen stilistischen Veränderungen 1834 wiederholt (Friedrich starb 1840). Eine Winterlandschaft, die der hier gezeigten sehr ähnlich ist, findet sich bereits in einem vierteiligen Zyklus der Jahreszeiten, den Friedrich 1803 gezeichnet hatte. Das Bild des Sommers aus diesem frühen Zyklus bildete dann die Grundlage für zwei Gemälde des Sommers und des Winters, die er 1808 fertigstellte. Das Winterbild von 1808 zeigt eine größere Ruine in einer schneebedeckten Landschaft sowie einen einsamen Mönch, der auf eine herausgehobene, kahle Eiche im Vordergrund zugeht. Dieses Gemälde wiederum enthielt den Keim zu zahlreichen folgenden Werken, darunter dem großartigen Bild Eiche im Schnee (1829), in dem genau der gleiche Baum, nun im Mittelpunkt der Leinwand, über den Stamm eines umgestürzten toten Baumes wacht. Die romantische Botschaft, die in der Darstellung alternder Wanderer, zerfallender Gewölbe und halbfertiger Gräber enthalten war, bündelte sich letztlich in dem einen ikonischen Bild der alten Eiche. Sie symbolisierte zugleich die abgestorbene, vorchristliche Welt und das ewige Leben der Seele, die sich – genau wie der Baum – immer wieder erneuerte.
© Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz / Hamburger Kunsthalle / Christoph Irrgang
Original: Hamburg, Hamburger Kunsthalle
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