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Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, proklamiert am 5. Februar 1794, rechtskräftig ab 1. Juni 1794 (1794)

Die „Rationalisierung“ des Staats- und Privatrechts durch Systematisierung und Kodifizierung war ein Grundsatz der Aufklärung, den Friedrich II. zu erfüllen suchte. Der Aufseher dieses Vorhabens war der Jurist Carl Gottlieb Svarez (1746-98). Das „Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten“ wurde 1791 erstmals promulgiert. Damals erschienen einige seiner Bestimmungen, besonders jene, die Regierungsmaßnahmen durch königlichen Erlass (also monarchischer „Absolutismus“) einschränkten, Friedrich Wilhelm II. und seinen Beratern bedrohlich radikal, besonders vor dem Hintergrund der sich entfaltenden Französischen Revolution. Zurückgenommen und dann in konservativerer Form 1794 herausgegeben, übte die Gesetzessammlung mit ihren rund 19.000 detaillierten Paragrafen einen großen Einfluss auf das preußische Recht aus, bis sie im Kaiserreich durch das Bürgerliche Gesetzbuch von 1900 ersetzt wurde. Beachtlich waren die Bemühungen des Landrechts, Gleichheit vor dem Gesetz sowie generell einen Rechtsstaat herzustellen. Gleichzeitig jedoch sollten die gesellschaftlichen Ungleichheiten der Ständegesellschaft aus dem Ancien Regime gewahrt bleiben, so die bäuerliche Leibeigenschaft in jenen ostelbischen Bezirken, in denen sie überdauert hatte. Das Landrecht bewegte sich auch häufig in den Niederungen unbedeutender Details, doch waren dessen Bestimmungen in Bezug auf Scheidung und Eigentumsrechte von Frauen relativ liberal.

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Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten


Einleitung

I. Von den Gesetzen überhaupt.

§ 1. Das allgemeine Gesetzbuch enthält die Vorschriften, nach welchen die Rechte und Verbindlichkeiten der Einwohner des Staats, so weit dieselben nicht durch besondre Gesetze bestimmt worden, zu beurtheilen sind.

§ 2. Besondre Provinzialverordnungen, und Statuten einzelner Gemeinheiten und Gesellschaften erhalten nur durch die Landesherrliche Bestätigung die Kraft der Gesetze.

§ 3. Gewohnheitsrechte und Observanzen, welche in den Provinzen und einzelnen Gemeinheiten gesetzliche Kraft haben sollen, müssen den Provinzial-Gesetzbüchern einverleibt seyn. [ . . . ]

Publication.

§ 10. Das Gesetz erhält seine rechtliche Verbindlichkeit erst von der Zeit an, da es gehörig bekannt gemacht worden.

§ 11. Es müssen daher alle gesetzliche Verordnungen, ihrem völligen Inhalte nach, an den gewöhnlichen Orten öffentlich angeschlagen, und im Auszuge in den Intelligenzblättern der Provinz, für welche sie gegeben sind, bekannt gemacht werden.

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