Wenn ich in der Generaldebatte über den vorliegenden Gegenstand das Wort nehme, so kann es nicht meine Absicht sein, in erschöpfende Aeußerungen über das ausgedehnte Gesammtgebiet des Gegenstandes, der uns beschäftigt, einzugehen, und noch weniger der Spezialdebatte über die große Anzahl von Artikeln, die die Vorlage hat, in irgend einer Weise vorzugreifen. Ich halte aber doch für nothwendig, über die Stellung der verbündeten Regierungen zu der Genesis der heutigen Vorlage und zu den Absichten, welche sie mit derselben verbinden, einige Worte zu sagen, die ich wohl am besten an eine Besprechung derjenigen Einwendungen knüpfe, welche in der bisherigen Debatte gegen das Prinzip des Gesetzes im allgemeinen gemacht sind, um dadurch einen Leitfaden zu erhalten. Ich wende mich zuerst den Aeußerungen des ersten Herrn Redners, des Abgeordneten von Vollmar, zu.
[ . . . ]
Der Herr Abgeordnete von Vollmar hat zuerst eine gewisse Genugthuung, die nicht frei von Schadenfreude war, darüber ausgesprochen, daß die hochfliegenden sozialistischen Pläne, die der ersten Einbringung dieser Vorlage zu Grunde gelegen hätten, verschwunden wären. Ja, meine Herren, das ist doch nur scheinbar der Fall. [ . . . ] Dasjenige, was wir heute nicht mit vorlegen, ist nicht dem Feuer überantwortet, sondern nur zurückgelegt. Wir haben eine terra incognita zu erforschen. Das Feld dieser Gesetzgebung ist zuerst mit der Hapftpflicht im Jahre 1871 von Deutschland betreten worden. [ . . . ] Da haben wir uns schließlich überzeugt, daß die Schwierigkeiten um so größer sind, je breiter die Front ist, in der wir zuerst auftreten und durch die enge Pforte Ihrer Zustimmung zu marschiren versuchen. Wir haben uns – und zwar auf meinen eigenen Antrag, und deshalb gerade halte ich es für meine Pflicht, mich darüber auszusprechen – wir haben uns zunächst auf den engsten nothwendigen Rahmen beschränkt. Mein Kollege von Boetticher hat gestern schon auseinandergesetzt, daß wir damit nicht die Absicht verbinden, die übrigen Berufszweige fallen zu lassen und nicht zu berücksichtigen, sondern daß wir uns nur vor den Gefahren in Acht nehmen wollen, auf die das Sprüchwort hinweist, daß das Bessere des Guten Feind ist, und daß, wenn man zu viel im einzelnen versucht, man Gefahr läuft, gar nichts zu erreichen. Ich möchte, daß wir und der gegenwärtige Reichstag das Verdienst hätten, wenigstens etwas, wenigstens den ersten Anfang auf diesem Gebiete zu machen, und auch darin den übrigen europäischen Staaten vorauszugehen. Die Beschränkung ist geboten durch die Betrachtung, daß, je breiter und umfassender die Vorlage ist, je mehr Interessen berührt sind, desto mehr [ . . . ] also die Annahme [ . . . ] schwieriger ist.
[ . . . ]