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Der Verein deutscher Studenten: Leipziger Studenten gedenken der ersten zehn Jahre (1881-1891)

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Doch nicht nur in der Pflege der geschichtlichen Ueberlieferung und in der Begeisterung für die Großtaten der Nation und ihrer Führer erschöpfte sich die Wirksamkeit des V. D. St. Leipzig nach außen. Wo es galt, das deutsche Volkstum oder die studentische Auffassung vom Dienst am Vaterland zu vertreten, da fand man ihn in der ersten Reihe. Unter Leitung von iur. Raeck fand am 15. Juli 1884 eine Studentenversammlung statt, die sich für Anschluß an die Prager Petition behufs Freizügigkeit der Mediziner an die deutschen Universitäten Oesterreichs und der Schweiz aussprach. Auf Anregung von A. H. Friedrich Naumann, der damals am „Rauhen Hause“ in Hamburg tätig war, kam es im S.-S. 86 zur Bildung eines Ausschusses des „Vereins für freiwillige Krankenpflege“. Das Vertreterkomitee der Studentenschaft übertrug dem VDSt. die Einberufung einer allgemeinen Studentenversammlung, die am 23. Juli stattfand und deren Leitung in den Händen von Richard Heinze lag; Ansprachen hielten Friedrich Naumann und Graf Vitzthum, der Vorsitzende des sächsischen Landesverbandes für innere Mission. Die Teilnahme an der „Freiwilligen Krankenpflege“ ist eine Verpflichtung für jeden V. D. St.er geworden, der nicht für den Heeresdienst tauglich war; außerdem wurde von allen auch ein geldliches Opfer in Gestalt eines Semesterbeitrags von 0,50 Mk. verlangt. Im studentischen Ausschuß der Felddiakonie war der V. D. St. vertreten. Auf Anregung des Vereins wandten sich die Theologie Studierenden der Universität am 10. Januar 1887 einstimmig gegen den im Reichstag eingebrachten Antrag auf Befreiung der Theologen vom Heeresdienst. Die Adresse der Leipziger Studentenschaft für die 800-Jahrfeier der Universität Bologna im S.-S. 88 wurde von Vbr. hist. Hilliger verfaßt, und die vom V. D. St. einberufene Studentenversammlung nahm dessen Antrag an, daß „der Vertreter gehalten sein soll, bei offiziellen Gelegenheiten deutsch zu sprechen“. Wie im Gründungssemester der V. D. St. den Uebergriffen der Tschechen entgegengetreten war, so berief er anläßlich der Ausschreitungen gegen die Studenten in Prag im W.-S. 97/98 eine von Vbr. hist. Hoetzsch geleitete Studentenversammlung, auf der die Professoren Lamprecht und Strohal sprachen. Der Beispiele seien genug.

Wie in den Ausschuß des „Vereins für freiwillige Krankenpflege“, so entsandte der V. D. St. seine ständigen Vertreter in eine Reihe anderer nationaler Unternehmungen, soweit sie nicht parteipolitischer Natur waren, oder gründete entsprechende akademische Ortsgruppen. Im W.-S. 86/87 traten alle Mitglieder in den Deutschen Schulverein (V.D.A.) ein. Auch erklärte in diesem Semester der Verein seinen Beitritt zur Gesellschaft für deutsche Kolonisation. Im W.-S. 87/88 erfolgt der Beitritt zum Deutschen Sprachverein. Im S.-S. 91 traten mehrere Vereinsbrüder in Arbeiter-Bildungsvereine ein, um durch unmittelbare Anschauungen der Denkart und der Gefühlswelt des Arbeiters der sozialen Frage näher zu kommen. Im W.-S. 91/92 erklärte der Verein seine Mitgliedschaft im Allgemeinen Deutschen Verband, und im W.-S. 94/95 trat er in den Verein für Handelsgeographie und Kolonialpolitik ein. Im S.-S. 95 gründete er die erste Akademische Ortsgruppe des „Vereins zur Förderung des Deutschtums in den Ostmarken“, deren Vorsitzender Vbr. iur. Georgi wurde. In der Ortsgruppe des Alldeutschen Verbandes hatte er seit dem W.-S. 97/98 einen offiziellen Vertreter. Mag die Zugehörigkeit zu den einzelnen nationalen Vereinen und Verbänden auch in den verschiedenen Semestern mehr oder weniger stark gewesen sein, je nach der Zusammensetzung des Mitgliederbestandes des Vereins, so bekundete dieser doch dadurch stets seinen Willen zur Beteiligung an nationalen Bestrebungen und zur Erweiterung der eigenen Erkenntnis seiner Mitglieder in nationalen Fragen.

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