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3. Reformation
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1. Augenzeugen und Familien   |   2. Regierung   |   3. Reformation   |   4. Konfessionen


D. Katholische Reaktionen

Im Zentrum der protestantischen Pläne zur Reform des gesellschaftlichen Lebens stand deren Bemühung, die asketische, enthaltsame Lebensweise der religiösen Orden auszuhebeln. Sie konzentrierten sich dabei nicht auf Missbräuche, sondern auf die Einrichtungen selbst. Während die Bewegung in den Städten Zuwachs fand, machte sie die Gemeinschaften der Bettelorden, hauptsächlich Franziskaner und Dominikaner, zur Zielscheibe der Unterdrückung. Der Ausgang dieser Auseinandersetzungen hing von den örtlichen Gegebenheiten ab. Im von Patriziern regierten Nürnberg weigerten sich 1524-25 die Franziskanernonnen, den Forderungen der patrizischen Eltern und Magistrate nachzukommen und deren Töchter heimzuschicken. Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt widersetzten sich drei Dominikanerinnenkonvente in Straßburg dem Gebot des Magistrats zur religiösen (und gesellschaftlichen) Konformität und überstanden dies, zwei von ihnen bis zur französischen Revolution. Der Erfolg dieser Kampagne gegen die Ordensgemeinschaften bedeutete im Wesentlichen das Aufgehen des Klerus im Laienstand. Dies ist die zentrale Botschaft Katharina Schütz Zells, der Tochter eines Handwerkermeisters und Straßburger Magistraten, die einen Priester heiratete. Der ursprüngliche Grund für die Angriffe auf die Konvente lag nicht in Missbräuchen – tatsächlichen oder vermeintlichen, finanziellen oder sexuellen – sondern in der protestantischen Vorstellung des patriarchalischen Haushalts als einzig richtiger christlicher Lebensweise. Nur die Ehe konnte demnach die Lüsternheit zügeln.

Einige katholische Herrscher glaubten, die bloße Unterdrückung würde genügen, um die religiösen Reformbewegungen auszulöschen. Anderen war durchaus bewusst, dass die tiefsten Ursachen des Aufbegehrens gegen ihre Kirche in deren Zuständen lagen. Im Sommer 1524 fand in Regensburg eine Beratung über das Problem mit hochrangigen Teilnehmern statt, darunter Erzherzog Ferdinand von Österreich (der Bruder Karls V. und dessen Stellvertreter), die Herzöge von Bayern und zwölf süddeutsche Prinzbischöfe. Sie beschlossen einen Bund zur Verteidigung des alten Glaubens zu schließen und abtrünnige Priester und Geheimprediger zu verfolgen und zu bestrafen. Sie erkannten jedoch auch, dass Unterdrückung allein erfolglos bleiben würde, da die Häretiker sich einer Wahrheit – der korrupten Kirche – bedienten, um Anhänger für ihre Irrlehre zu gewinnen. Die Versammlung verurteilte deshalb ebenfalls viele der Missbräuche und Übel, welche die Reformer seit einem Jahrhundert angeklagt hatten.

Die Regensburger Versammlung bekannte, dass die katholische Reform – ebenso wie die protestantische – von der Einstellung der weltlichen Autoritäten abhing. In der Schweizer Konföderation, wo es keine Fürsten und nur wenige Adlige gab, nahmen die größeren Stadtstaaten (Zürich, Bern und Basel) den neuen Glauben an, doch die alten ländlichen Bündnismitglieder in der Mitte des Landes wehrten sich früh und entschieden dagegen. Ende Januar 1525 trafen sich Abgesandte aus neun „Orten“ in Luzern, um die Irrtümer der Protestanten sowie die Möglichkeiten der Verteidigung des alten Glaubens zu besprechen. Diese Spaltung nahm die endgültige konfessionelle Teilung der Konföderation um 1530 vorweg. Im Gegensatz dazu schien der Vormarsch des Protestantismus in den zentralen und nördlichen Gebieten des Reiches unaufhaltsam. Mit Ausnahme einiger Gebiete im äußersten Nordwesten (Köln, Münster, Paderborn und Osnabrück) fielen die Fürstbistümer allesamt nacheinander an protestantische Dynastien, ein Dutzend bis zu den 1570er Jahren. 1563 überführte der Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel das letzte katholische Territorium des Nordens zum lutherischen Glauben. Lazarus von Schwendi hatte insofern 1574 allen Anlass, dem Kaiser vorauszusagen, die alte Kirche werde innerhalb einer Generation nicht mehr existieren. Für die Oberhäupter der Reichskirche war das zentrale Problem nicht, was zu tun war, sondern wer etwas unternehmen sollte und könnte. Die Antwort war nicht der Kaiser und der religiös gespaltene Reichstag, sondern der Papst und ein Generalkonzil. Papst Paul III. (reg. 1534-49) rief die katholischen Bischöfe im Dezember 1545 in Trient zusammen, wo sie über die nächsten achtzehn Jahre in fünfundzwanzig Sitzungen sowohl den doktrinären Kanon zu Rechtfertigung, Abendmahl, Buße, Schrift und Überlieferung debattierten und definierten als auch disziplinäre Dekrete zu Bischofsresidenz, der Einrichtung von Priesterseminaren, sowie der Eheschließung. In Form dessen, was teilweise als „tridentinischer Katholizismus“ bezeichnet wird, verbreiteten sich die Beschlüsse des Konzils in der gesamten katholischen Kirche. Am stärksten setzte sie sich im Heiligen Römischen Reich durch, wo die katholische Reform um das Jahr 1600 fest etabliert war.


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