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Wenzel Anton Kaunitz-Rietberg, Österreichischer Staatskanzler (1755)

Im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert sah sich das Heilige Römische Reich und sein habsburgischer Herrscher, Leopold I. (reg. 1658-1705), mit der doppelten außenpolitischen Gefahr des Expansionismus Ludwigs XIV. (reg. 1661-1715) und des Vormarsches der osmanischen Türken gegen Mitteleuropa konfrontiert. Frankreichs Expansionskriege endeten nach dem Tod Ludwigs 1715 und die türkische Bedrohung wurde bis zum Jahr 1718 eingedämmt. Weitaus den größten Teil des restlichen Jahrhunderts konzentrierte sich die Außenpolitik des Heiligen Römischen Reiches und der österreichischen Habsburger vorwiegend auf die Verteidigung der Kaiserkrone und der österreichischen Gebiete gegen Preußens Friedrich II. („den Großen“) (reg. 1740-86). Im Jahr 1753 betrauten die beiden Monarchen Maria Theresia (reg. 1740-80) und ihr Sohn Joseph II. (reg. 1765-90) aus dem Hause Habsburg den neu ernannten österreichischen Kanzler Wenzel Anton Kaunitz-Rietberg mit der Zukunft ihrer Territorien. (Kaunitz blieb schließlich nahezu vier Jahrzehnte im Amt und legte es erst 1792 nieder.) Eines seiner ersten Hauptziele war die Rückgewinnung des zur Habsburgermonarchie gehörenden Schlesien, das Friedrich II. im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-48) annektiert hatte. Kaunitz’ Herangehensweise bestand in der Wahrung eines Bündnisses mit Russland, einer Abwendung von Österreichs traditionellen Verbündeten – den Niederlanden und Großbritannien – und dem Streben nach einem Defensivbündnis mit dem bisherigen Erzfeind Frankreich. Bei Ausbruch des Siebenjährigen Krieges (1756-63) wandelte er die Defensivpartnerschaft in ein Offensivbündnis um. Das Resultat war eine bedeutsame „Umkehrung der Allianzen”. Kaunitz‘ Vorhaben der Rückgewinnung Schlesiens scheiterte, und der durch die Schlesischen Kriege begonnene Interessenkonflikt zwischen Österreich und Preußen (Deutscher Dualismus) führte einige Jahre später erneut zur militärischen Auseinandersetzung, nämlich dem Bayerischen Erbfolgekrieg. Unter seiner Kanzlerschaft verfolgte Österreich eine aggressive Politik der Gebietserweiterungen, im Rahmen derer es das polnische Galizien (1772), die unter türkischer Herrschaft befindliche Bukowina (1775) und das so genannte bayerische Innviertel an sich riss. Kaunitz’ politisches Denken nach Prinzipien des „aufgeklärten Absolutismus“ erwies sich als wesentlicher Einfluss auf die Reformpolitik Maria Theresias und Josephs II. Kupferstich von Johann Elias Haid (1739-1809) nach einem Gemälde von Martin van Meytens (1695-1770), 1755.

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Wenzel Anton Kaunitz-Rietberg, Österreichischer Staatskanzler (1755)

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