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Kulturföderalismus in der Defensive (20./21. April 1978)

Vor dem Hintergrund der gescheiterten Einführung einer Gesamtschule in der Bundesrepublik kritisierte die Bundesregierung die mangelnde Einheitlichkeit des Schulwesens. Als Antwort auf diesen so genannten Mängelbericht räumen die Kultusminister der Länder zwar ein, dass Probleme und Schwierigkeiten des Kulturföderalismus gelöst werden müssen, lehnen aber eine Bundeskompetenz im Bereich der Schulbildung nach wie vor ab.

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Stellungnahme der Kultusministerkonferenz zum Bericht der Bundesregierung über die strukturellen Probleme des föderativen Bildungssystems (Strukturbericht)


I. Grundsätzliche Bemerkungen
1. Die Bundesregierung fordert in ihrem Strukturbericht einheitliche Entscheidungen in bestimmten Bereichen des Bildungswesens wegen
– der Gewährleistung eines Mindestmaßes an Freizügigkeit
– der Gewährleistung gleicher Chancen für alle Bürger in Bildung und Beruf.

Diese einheitlichen Entscheidungen werden gefordert in folgenden Punkten:

(1) Dauer der Bildungspflicht
(2) Übergang von der Grundschule zur Sekundarstufe I einschließlich der gegenseitigen Anerkennung der Prüfungs- und Auswahlverfahren
(3) Übergänge und Abschlüsse der Sekundarstufe I einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Abschlüssen
(4) Abschlüsse der Sekundarstufe II für alle berufsbezogenen und studienqualifizierenden Abschlüsse einschließlich der Hochschulzulassung
(5) In der Weiterbildung: die Vergleichbarkeit und Anerkennung der weiterführenden Abschlüsse
(6) Die Abstimmung der Gestaltung der Ausbildungsinhalte in der beruflichen Bildung
(7) Lehrerausbildung

Die Bundesregierung trifft die Feststellung, daß die Vielfalt im einzelnen Bildungsangebot und ein Wettbewerb der Länder um neue Modelle und Verbesserungen im Bildungswesen nicht ausgeschlossen werden dürfen.

[ . . . ]

3. Die Kultusministerkonferenz räumt ein, daß im föderativen Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland eine Reihe von Problemen und Schwierigkeiten aufgetreten sind, die einer Lösung bedürfen. Es trifft ferner zu, daß der aus dem Grundgesetz abgeleitete Gesetzesvorbehalt von der Rechtsprechung in letzter Zeit verschärft worden ist. Dies wirft die Frage nach einer parlamentarischen Legitimation länderübergreifender Regelungen verstärkt auf.

Die Kultusministerkonferenz ist sich bewußt, daß in der Bundesrepublik Deutschland ein stärkeres Maß an Einheitlichkeit insbesondere in den von der Bundesregierung angesprochenen Problembereichen angestrebt werden muß.

Die Kultusministerkonferenz nimmt den Bericht der Bundesregierung zum Anlaß, Grundfragen im Sinne eines kooperativen Föderalismus mit dem Ziel aufzugreifen, zu einer verstärkten Abstimmung und Anerkennung von Gleichwertigkeiten zu gelangen, so daß eine noch größere Einheitlichkeit im Bildungswesen erreicht wird.

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