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Währungsprobleme der ostdeutschen Urlauber (30. August 1980)

Ein westdeutscher Beobachter beschreibt die Probleme einer wachsenden Zahl ostdeutscher Touristen im Ausland aufgrund der Schwäche der DDR-Währung und dem größeren Wohlstand ihrer westlichen Verwandten,was dazu führt, dass sie sich als Deutsche zweiter Klasse fühlen.

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Wenn DDR-Bürger Urlaub machen
Mit Devisen knapp gehalten


Braungebrannt kehrte Klaus-Peter aus Halle vom Urlaub an der bulgarischen Küste in seine Heimat DDR zurück. Als aber die Zöllner auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld seinen Koffer kontrollieren wollten, war dieser leer. Bedröppelt stand der junge Mann, nur mit Hemd, Hose und Filzpantoffeln bekleidet, vor der Obrigkeit. Dabei war er keineswegs an fernen Gestaden unter die Räuber gefallen. Seine gesamte Habe hatte er in Bulgarien verscherbelt. Verkaufen müssen, denn er hatte dort unten eine junge Maid kennengelernt, und der wollte er auch einmal etwas bieten. Da ihm aber sein Urlaubstaschengeld von Staats wegen beschränkt ist, besserte der clevere Klaus-Peter aus Halle seine Reisekasse mittels Naturalienhandel auf.

Auf den ersten Blick mag diese Geschichte komisch oder gar lustig erscheinen. Doch sie zeigt die problembehaftete Situation, in der sich DDR-Urlauber im sozialistischen Ausland befinden. Denn so wie Klaus-Peter machen es viele seiner Mitbürger. DDRler transportieren ganze Wagenladungen voll Tauschgegenstände in die Feriengebiete, um sie dort an ihre östlichen Brüder zu verkaufen. Denn das Warenangebot ist in der DDR immer noch besser als etwa in Bulgarien oder in der UdSSR. Weniger gefragt ist dagegen bei den sozialistischen Bruderländern die ostdeutsche „Schlusenmark“. Die dortigen Regierungen sind mehr an westlichen Deviseneinnahmen interessiert.

Auch bei Reisen nach Polen müssen DDR-Bürger neuerdings Ost-Mark im Gegenwert von mindestens 200 Zloty pro Tag umtauschen. Über den Mindestbetrag hinaus umgetauschte Zloty werden der Anordnung zufolge in unbegrenzter Höhe wieder in Ost-Mark eingewechselt. In die ČSSR sind es 40 Kronen pro Tag, Bulgarien bei 8 Tagen Aufenthalt 109 Mark, bei 22 Tagen 309 Mark. Für Rumänien, Ungarn und die UdSSR herrschen ähnliche Bestimmungen. Nach Jugoslawien dürfen DDR-Bürger schon lange nicht mehr reisen, es sei denn, sie sind im Rentenalter. Besitzen Reisende aus der DDR westliche Devisen, dürfen sie diese auf keinen Fall ausführen; sie sollen im eigenen Land ausgegeben werden. Die so Gemaßregelten sind allerdings erfindungsreich. Manche Urlauber lassen sich für drei Wochen Devisen in ihre Ziehharmonika, eine Beilage zum Personalausweis, eintragen und bleiben nur kurze Zeit. Westgeld wird in Silberpapier geschmuggelt, damit es bei der obligatorischen Durchleuchtung nicht auffällt. Dollarscheine sind beliebter als bundesdeutsche Banknoten, die beim Röntgen, bedingt durch den eingearbeiteten Silberfaden, schneller auffallen.

Dabei sind es längst nicht nur die Geldsorgen, die den DDR-Bürgern ihren Urlaub so richtig vermiesen können. Sie fühlen sich im Ausland an allen Ecken und Enden diskriminiert, gegenüber Westlern zurückgesetzt. Treffend formuliert einer bei der Rückkehr: „Im befreundeten Ausland sind wir die Neger.“ Denn sozialistische Touristikfunktionäre vergessen schnell ihre Moral, wenn es darum geht, die eigene Devisenstatistik aufzubessern. Da werden DDRler ausquartiert, auf schlechtere Campingplätze gewiesen, in den Restaurationsbetrieben als Menschen zweiter Klasse behandelt.

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