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Der Charakter der Freizeit im Kapitalismus und Sozialismus (1961)

In der DDR bemüht sich die offizielle Propaganda angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten immer wieder, die ideellen Vorzüge des Sozialismus herauszustellen. Dies gilt auch für den Bereich der Freizeit: Während in der Bundesrepublik Freizeit nur der Regeneration des erschöpften Arbeiters für den nächsten Einsatz dient und mit anspruchslosen, unpolitischen Tätigkeiten verbracht wird, steht dem Arbeiter in der DDR für seine Freizeit ein breites Angebot kultureller Einrichtungen zur Verfügung, in der er sich persönlich, politisch und beruflich fortbilden kann.

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Freundschaft und Geselligkeit hängen eng mit dem Umfang und Inhalt der Freizeit zusammen. In diesem Zusammenhang ist eine vergleichende Gegenüberstellung zwischen dem Charakter der Freizeit im Kapitalismus und im Sozialismus von Interesse.

Die Freizeit der Werktätigen in der Deutschen Demokratischen Republik ist von der Freizeit im Kapitalismus durch vier Hauptmerkmale unterschieden:

Erstens entstehen im Sozialismus durch die Eroberung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse und die Vergesellschaftung der wichtigen Produktionsmittel erstmalig für alle Werktätigen Beziehungen der gegenseitigen kameradschaftlichen Hilfe, die vom Arbeitsprozeß ausgehend auch in die Freizeit hineinwirken.

Im Kapitalismus ist die gesamte Freizeitgestaltung, zeitweilig stärker oder schwächer, jedoch unabwendbar, von Existenzsorgen überschattet. Sie verflacht und isoliert, besonders kulturell, nicht zuletzt durch die Auswirkungen der Klassengegensätze, zu denen Engels sagte: «Die Möglichkeit rein menschlicher Empfindung im Verkehr mit andern Menschen wird uns heutzutage schon genug verkümmert durch die auf Klassengegensatz und Klassenherrschaft gegründete Gesellschaft, in der wir uns bewegen müssen.»

Zweitens gibt es im Sozialismus keinen Existenzkampf um die gesicherte Freizeit mehr. Die Freizeit wird sich mit der Steigerung der Arbeitsproduktivität gesetzmäßig erweitern. Im Kapitalismus dagegen hat der Berufstätige in Zeiten der Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit entweder unwillkommen viel «Freizeit» oder in der Hochkonjunktur, durch die Gier des Kapitals, den letzten Rest der Freizeit in profitbringende Arbeitszeit zu verwandeln, zu wenig Freizeit. Gesicherte und der Arbeit angemessene Freizeit wird so oder so nur im kräfteverzehrenden Klassenkampf erobert. Sie findet in der Regel einen ermatteten Arbeiter vor. Aufschlußreich sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen in einer Nummer der «Neuen Rheinzeitung» unter dem Titel «Der Arbeiter verzichtet weitgehend auf das Buch». Dort wird festgestellt, daß der westdeutsche Arbeiter weder zu den Käufern noch zu den Lesern des Buches gehört. Und der Grund? Geben wir zwei Antworten westdeutscher Arbeiter wieder.

Ein 52jähriger Metallarbeiter aus Köln: «Ja, früher war ich abends froh, wenn ich ein Buch lesen konnte. Heute will ich meine Ruhe haben. Die Hetze im Betrieb macht mich so kaputt, daß ich abends höchstens noch mal in die Zeitung gucke. Meine Frau holt sich manchmal was aus der Leihbücherei. Aber da gucke ich nur mal sonntags rein. Meist ist das irgend so ein Kitsch.»

Ein 37jähriger Bauarbeiter aus dem Siegkreis: «Wenn ich von der Arbeit heimkomme, bin ich erst mal fertig. Meine Frau schaltet dann meistens das Fernsehen ein. Oft muß sie mich dann wecken, wenn die Sendung zu Ende ist.»

Im Sozialismus dagegen kann der Arbeiter auf dem Fundament sozialer Sicherheit und geordneter Arbeitszeit noch genügend Kraftreserven für die Freizeit erübrigen.

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