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Walter Ulbricht: Der zweite Fünfjahrplan und der Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik (1956)

Der SED-Vorsitzende Walter Ulbricht feiert anläßlich des zweiten Fünfjahrplans der DDR 1956 die Erfolge der staatlichen Kulturpolitik, die in einem seit 1951 ständig steigenden Kulturetat sowie einer großen Zahl kultureller Einrichtungen wie Theatern, Bibliotheken und Kulturklubs in den Städten und auch auf dem Land zum Ausdruck kommen. Ulbricht bekräftigt die ideologische Leitfunktion des Konzepts des „sozialistischen Realismus“ für das gesamte künstlerische Schaffen in der DDR. Bildende Kunst, Literatur, Musik und Film müssen gleichermaßen die gesellschaftliche Wirklichkeit widerspiegeln und dem weiteren Aufbau des Sozialismus dienen.

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Referat Walter Ulbrichts auf der 3. Partei-Konferenz der SED, 25. bis 30. März 1956


Auf dem Gebiet der Kultur wurden in der Zeit des ersten Fünfjahrplanes zweifellos große Fortschritte erzielt. [ . . . ] Im ersten Fünfjahrplan hat die Deutsche Demokratische Republik von Jahr zu Jahr höhere Mittel für Volksbildung, Wissenschaft und Kunst angewandt, während in Westdeutschland im Zeichen der NATO-Politik die Ausgaben für kulturelle Zwecke eingeschränkt wurden. Die staatlichen Ausgaben für Kultur betrugen im ersten Fünfjahrplan 12,6 Milliarden DM, davon

im Jahre 1951 — 1,7 Milliarden DM,
im Jahre 1952 — 2,2 Milliarden DM,
im Jahre 1953 — 2,6 Milliarden DM,
im Jahre 1954 — 2,9 Milliarden DM,
im Jahre 1955 — 3,2 Milliarden DM.

Wenn man durch die Industriegebiete und die landwirtschaftlichen Bezirke unserer Republik fährt, so sieht man heute weit über 1 100 Kultur- und Klubhäuser, von denen sich bereits ein Drittel auf dem Lande bei den Maschinen- und Traktoren-Stationen, volkseigenen Gütern und landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften befinden. Die technische und künstlerische Intelligenz verfügt über mehr als 50 eigene Klubs. Die Anzahl der Klub- und Kulturräume ist auf 17 428 angewachsen; 154 Freilichtbühnen sind vorhanden. 10 500 staatliche und etwa 8 100 gewerkschaftliche Bibliotheken stehen den Lesern zur Verfügung. Die Zahl der Theater ist im ersten Fünfjahrplan von 77 auf 88 gestiegen.

Das Aufblühen unserer Volkskunst zeigt sich in der Tatsache, daß sich gegenwärtig etwa 800 000 Werktätige in 25 000 Ensembles, Gruppen und Zirkeln betätigen, wobei über 15 000 solcher Gruppen in den volkseigenen Betrieben der Industrie und im sozialistischen Sektor der Landwirtschaft bestehen.

Sprungartig stieg unsere Buchproduktion, die sechs Bücher pro Einwohner im Jahre erreichte, während sie in Westdeutschland gegenwärtig jährlich 2,5 Bücher pro Kopf beträgt. Ebenso vermehrten sich von Jahr zu Jahr die Vorträge zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse. Wenn wir zu Beginn des Fünfjahrplanes das Ziel setzten, die kulturelle Rückständigkeit und die Kulturzersetzung, die uns die Herrschaft der faschistischen und militaristischen Monopolherren und Junker hinterlassen hatte, zu überwinden und eine fortschrittliche deutsche Kultur für unser ganzes deutsches Vaterland zu entwickeln, so können wir nunmehr von geschichtlich bedeutsamen Erfolgen bei der Erfüllung dieser Aufgabe in Stadt und Land sprechen. Mit der sozialistischen Umwälzung in unserer Landwirtschaft bringen wir Bildung, Wissenschaft und Kunst bis in das entlegenste Dorf.

Vor fünf Jahren standen die Künstler in unserer Deutschen Demokratischen Republik noch mitten in einem schwierigen Ringen um die Überwindung des Erbes der bürgerlichen Dekadenz, besonders des Formalismus, das unsere Vorwärtsentwicklung zu einer neuen realistischen Kunst, zu einer sozialistischen Kunst, hemmte. Damals bildete nur die Literatur eine Ausnahme, weil in ihr die realistische Tradition des antifaschistischen Kampfes lebendig und stark war.

Mit dem Werden und Wachsen unserer sozialistischen Gesellschaft hat sich auf allen Gebieten der Kunst ein Umschwung angebahnt. Das bei uns stürmisch vorwärtsgehende Leben wurde zum stärksten Lehrmeister auch für die Künstler. Sie haben immer mehr erkannt, daß die kulturelle Revolution in unserer Republik auch von jedem Künstler eine innere Revolution verlangt, die ihn fähig macht, sich mit seinen künstlerischen Schöpfungen auf die Höhe der historischen Aufgaben beim Aufbau des Sozialismus zu erheben.

Die Partei hat vor einigen Jahren fehlerhafte administrative Methoden, die sich zeitweilig in der Zusammenarbeit mancher Funktionäre mit den Kunstschaffenden entwickelt hatten, beseitigt, und hat dafür gesorgt, daß die Diskussionen mit den Künstlern über Inhalt und Form einer sozialistischen Kunst nunmehr sorgsam, geduldig, überzeugend und mit Achtung vor der Persönlichkeit des Künstlers geführt werden. Wir begrüßen das aufrichtige Ringen unserer Schriftsteller und Künstler um eine Klärung der Probleme. Wir begrüßen ihren ideologischen Meinungsstreit, der immer sachlicher und tiefgehender geworden ist. Wir können nach Abschluß des ersten Fünfjahrplanes sagen, daß sich auf allen Gebieten der Kunst, wenn auch noch ungleichmäßig, der sozialistische Realismus als die fortgeschrittenste schöpferische Methode unserer Zeit erfolgreich durchsetzt.

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