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Die Reaktion des Reichstages auf den Bauernkrieg (August 1526)

Die neuere Forschung hat den häufig wiederholten Mythos widerlegt, die Niederschlagung des Aufstands von 1525 habe den Widerstand der Bauern beendet und den Landbesitzern die unbegrenzte Kontrolle über ihre Bauern ermöglicht. Tatsächlich schenkten einige Reichsstände im folgenden Jahr auf dem Reichstag in Speyer den Forderungen der Bauern Aufmerksamkeit. Wie die Denkschrift über Missbräuche (18. August 1526) beweist, nahm der Reichstag die Beschwerden der Aufständischen zur Kenntnis und diskutierte sie. In der Tat bezeugt dieses Memorandum ein klares Verständnis der Hauptprobleme, nämlich Zehnte, Freizügigkeit und Todessteuern. Dennoch beschreiben die Beschlüsse des Reichstags, die vom Kaiser und den Ständen am 27. August 1526 unterzeichnet wurden, und aus denen unten einige Auszüge wiedergegeben sind, den Aufstand im wesentlichen mit den Begriffen der Autorität, des Gehorsams und der Unterdrückung. Derselbe Reichstag war nicht in der Lage, in der Frage der religiösen Spaltung eine Lösung zu finden und überließ jeden Stand in seinen Handlungen der Verantwortung vor Gott und dem Kaiser.

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Ratschlag des großen Ausschusses des Speyerer Reichstages gegen die Mißbräuche, 18. August 1526.


Belangen[d] die clein neuen Zehendte

Belangen[d] die clein neuen Zehenden, damit der arm Man beschwert wird, erwigt der Außschus, wo der uber Menschen Gedechtnus gegeben worden weher, daß es hinfure dermossen auch gehalten, wo es aber von Alter nit herkommen, daß sollichs abgestelt und der armb Man damit auch unbeschwert bleib.

Den 6. Artikel der Stett, Ablosung der Zins belangend

Ist in weitern bedacht gestelt und davon geredt, nach dem die Gepreuch und Gewonheiten im Reich mit Keufen und Einnemen der Zins ganz ungleich, daß jeder Zirk oder Kreis hirinnen Macht haben solt, ein Ordnung furzunemen, wie es mit Ablosung der Zinsen, so uf den Heusern und Guttern steen und sunderen Personen und nit der Oberkeit von Oberkeit wegen jedes Orts gereicht [ . . . ].

[ . . . ] ein jede Oberkeit verhutten solt, ir Undertanen wider billichs zu belestigen, auch nit iren Vogten, Pflegern oder Amptleuten dergleichen zu bescheen verschaffen, und ir Undertanen jeder Zeit in iren Anligen gnediglich und gutlich zu erhoren und allwegen nach Gestalt der Sachen billichen und furderlichen Bescheid geben, und keinen Undertanen, der Verhore begert, unverhort uf bloß Angeben eins Amptmans, Forstknechts oder eins andern Hern Diners straffen oder beschweren, und welcher Recht leiden mag, denselben bei Recht bleiben und ine ausserthalb Rechts nit beschwern lassen.

Item daß jede Oberkeit iren Undertanen umb und gegen einander alweg furderlich Recht gestatt und gegen andern Auslendischen zu Erlangung Rechtens behelfen sei, daß auch alle geferliche Aufzug und Umbtreibenus im Rechten abgestelt werden.

Item als sich die Undertanen beclagen, wie ine ungelernte, ungeschickte Personen zu Pfarhern und Selsorgern geben werden, ist hie oben bedacht im 3. Artikel.

Lesung der Weintrauben

Item es wirt den Armen von Zehndherrn an etlichen Orten verpotten, ire Weintrauben abzulesen, so lang bis es den Zehendherrn gelegen und die Ordnung an einen kombt, dadurch den Armen zu Zeiten der Wein an Reben verdirbt. Auch auf denselben 5. Artikel ist bedacht, daß die Oberkeit des Orts Ordnung furnemen solle, wie und welcher Zeit die Weintrauben gelesen und gekeltert werden sollen, damit die Armen damit geferlicher Weis nit beschwert werden, und daß auch ein jede Oberkeit, so Kelterrecht haben, dermassen Einsehen tue, damit einem jeden seine Weintrauben zu rechter Zeit gelesen und zu Nutz gekeltert werden.

Den Zehend antreffend

Und nachdem sich die Undertanen bisanhere des Zehends halben, daß si damit ubermessig beschwert, beclagt, ist fur gut angesehen, daß ein ide Oberkeit mit Fleiß Einsehen haben solle, damit die Undertanen mit dem Zehent, uber das si von Recht oder guter Gewonheit mugen zu geben schuldig, nit beschwert werden.

Den freien Zug antreffent

Item der gemein Man beclagt sich, daß ime an vill Orten von seinen Herschaften ein freier Abzug abgeschlagen und daß si fur eigen Leut, die an dem Ort, do si emporen, bleiben mussen, gehalten; und so einer oder eine sich mit einem andern verheirat, der nit auch seiner Herschaft zustunde, werde er oder sie darumb gestraft.

Nota der Leibeigenschaft ist es in Bedenken der Herren gestelt, wi es damit gehalten werden solle, dergleichen wi es mit dem Heirat der Leibeigen gehalten werden solle.

Item, daß diejhenen, so hievor frei oder freizugig gewesen, nit weiter leibeigen gemacht werden, und besunder aus Ursachen der vergangen Ufrur. Item ob nit Mittl zu finden weren, wie sich die Leibeigen abkaufen mochten.

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