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Landtagsrezess: Die Beschlussfassungen zugestimmt von Friederich Wilhelm („der Große Kurfürst”) und den brandenburgischen Ständen im Recess vom 26. Juli 1653 (1653)

Die Geschichtsschreibung hat dieses bedeutende Dokument bereits seit langem als die Gründungscharta des „preußischen Absolutismus“ betrachtet. Von ihm wurde angenommen, dass es ein stehendes Heer, finanziert durch die in diesem Vertrag (oder Rezess) vereinbarten neuen Steuern, einführte, und zwar im Austausch gegen weitreichende Befugnisse für den Landadel, die Fesseln der Knechtschaft gegenüber seinen Dorfbewohnern enger ziehen zu können. Zudem hätten die Stände mit dieser Übereinkunft angeblich in ihre eigene Aufhebung durch die „absolute Monarchie“ eingewilligt. Die neuere Forschung hat gezeigt, dass solche Schlussfolgerungen in Hinblick auf die Bedingungen des Rezesses selbst und die folgende brandenburgisch-preußische Geschichte nicht haltbar sind, in der die adelsbeherrschten Stände und ihre Steuerverwaltungsorgane weiterhin bedeutende Macht ausübten. Das Verhältnis Grundbesitzer-Dorfbewohner blieb umstritten, sowohl bezüglich des akuten Arbeitskräftemangels, der noch lange nach dem Dreißigjährigen Krieg anhielt (und die Verhandlungsposition der Dorfbewohner stärkte), als auch der Weigerung des Kurfürsten, Berufungen seitens der Dörfer am fürstlichen Hof gegen feudalherrschaftliche Missbräuche zu blockieren. Die Dorfbewohner lernten auf vielfältige Weise, wie sie sich verteidigen konnten, indem sie den Adel gegen den Staat ausspielten.

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Wier Friederich Wilhelm von Gottes Gnaden, Marggraff zue Brandenburg, des Heiligen Römischen Reichs Ertz-Cämmerer und Churfürst, zue Magdeburg, in Preussen, zue Gülich, Cleve, Berge, Stettin, Pommern, der Cassuben vndt Wenden, auch in Schlesien zue Crossen undt Idgerndorff Hertzog, Burggraff zue Nürenbergk, Fürst zu Halberstadt undt Minden, Graff zu der Marck undt Ravenßberg, Herr zum Ravenstein. etc.

Bekennen hiermit und thuen kundt, für Unß, Unsere Erben undt Nachkommen, Marggraffen und Churfürsten zue Brandenburg. Nachdem Unsere Getrewe, gehorsame Landtständte, von Prælaten, Herren, Ritterschafft und Städten, Unserer Chur- undt Marck Brandenbl. dießeits undt ienseits der Oder vndt Elbe, bey dem itzt ausgeschriebenen undt gehalltenen Landtage sich gegen Unß getrewlichst undt gehorsambst zu — — — Thalern undt noch zu einem mehrern, wie hernach in specie folgen wird, erbohten, Und dagegen bey Uns in Unterthänigkeit gesuchet, ihnen nicht alleine die Articull, so Ihnen hiebevorn von Unsern Hochgeehrten Churfl. Herren Vorfahren, Hochlöblichster Gedächtnüs, in Reversen undt Landtages Recessen gndst. vollenzogen undt versiegelt, hinwiederumb von newen, zu confirmiren, sondern auch ihren gravaminibus in Gnaden zue remediren.

Daß Wir derowegen in betrachtung und fleisiger erwegung Ihrer Guthwilligkeit, und unterthänigsten trewen, so Unß undt Unserm Churfl. Hauße sie iederzeit erwiesen, auch bey diesem itzo gehalltenen Landtage in der that und Warheit, bezeiget, Ihrem Unterthänigsten suchen gnädigst raumb und statt gegeben.

[ . . . ]

[Die Artikel 1 bis 10 des Recesses beschäftigen sich mit der Religionsfrage. So gab es, wie wir bereits gesehen haben, eine Diskrepanz zwischen den kalvinistischen Kurfürsten und der Mehrheit ihrer Untertanen, die an der „unveränderten“ Glaubenslehre Luthers festhielten. Der Hauptzweck dieser Artikel ist es, die Lutheraner gegen Übergriffe durch ihre Rivalen abzusichern, während ein Exkurs die Vorteile jeglicher derartiger Konzessionen lediglich auf die beiden Hauptzweige des Protestantismus beschränkt. Der Schutz, den die Katholiken in Kleve seit dem Westfälischen Frieden und in Preußen seit dem Vertrag von Wehlau genießen, erstreckte sich nicht auf Brandenburg.]

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