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Antisemitenpetition (1880-1881)

Führende deutsche Antisemiten starteten im Sommer 1880 eine Petition, um das öffentliche Bewusstsein dagegen zu mobilisieren, was sie als „Judenproblem“ identifizierten, und gesetzgeberische Maßnahmen zu fordern. Zu dieser Gruppe gehörte der Lehrer Bernhard Förster (1843-1889). Der folgende Text ist der zweite Entwurf dieser Petition. Sie fordert, dass die rechtliche Emanzipation der Juden (1869) rückgängig gemacht werde; tatsächlich behauptet sie, dass die deutsche Nation selbst von der „Fremdherrschaft“ der Juden zu „emanzipieren“ sei. Außerdem verlangt sie die Erschwerung oder Begrenzung der jüdischen Einwanderung und den Ausschluss von Juden aus Ämtern als Richter, Lehrer und anderen Beamtenstellen. Die Unterschriften vieler hochrangiger Persönlichkeiten wurden eingeholt, obwohl einige der aufgelisteten Personen sich geweigert hatten zu unterzeichnen oder dies später abstritten. Die veröffentlichte Liste umfasst die weithin bekannten Antisemiten Adolf Stöcker (1835-1909) und Ernst Henrici (1854-1915); Ernst Schmeitzner (1851-1895), einen Herausgeber und Verleger in Chemnitz; und Carl Wilmanns, der in der Deutschkonservativen Partei als erster Generalsekretär diente und 1876 das Buch Die „goldene” Internationale und die Nothwendigkeit einer socialen Reformpartei verfasst hatte. Weitere Unterzeichner waren Antisemiten, die sich zu dieser Zeit darum bemühten, die Anziehungskraft der Konservativen Partei in Süddeutschland zu steigern. Etwa 265.000 männliche Erwachsene unterschrieben die Petition, doch dies war zahlenmäßig kein großer Erfolg: tatsächlich beschlossen die antisemitischen Anführer, diese Taktik kein weiteres Mal zu versuchen. Allerdings führte die Petition zu einer zweitägigen Debatte über die „Judenfrage“ im preußischen Abgeordnetenhaus am 20. und 22. November 1880, in deren Verlauf ein Regierungssprecher lediglich eine halbherzige Rechtfertigung der Judenemanzipation lieferte. Im April 1881 wurde die Petition Bismarck vorgelegt, doch dieser weigerte sich, darauf zu reagieren.

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In allen Gauen Deutschlands hat sich die Ueberzeugung durchgerungen, daß das Ueberwuchern des jüdischen Elementes die ernstesten Gefahren für unser Volksthum in sich birgt, Allerwärts, wo Christ und Jude in soziale Beziehungen treten, sehen wir den Juden als Herrn, die eingestammte christliche Bevölkerung aber in dienstbarer Stellung. An der schweren Arbeit der großen Masse unseres Volkes nimmt der Jude nur einen verschwindend kleinen Antheil; auf dem Acker und in der Werkstatt, in Bergwerken und auf Baugerüsten, in Sümpfen und Kanälen - allerwärts regt sich nur die schwielige Hand des Christen. Die Früchte seiner Arbeit aber erntet vor allem der Jude. Weitaus der größte Teil des Kapitals, welches die nationale Arbeit erzeugt, konzentriert sich in jüdischer Hand; gleichzeitig mit dem beweglichen Kapital aber mehrt sich der jüdische Immobiliarbesitz. Nicht nur die stolzesten Paläste unserer Großstädte gehören jüdischen Herren, deren Väter oder Großväter schachernd die Grenzen unseres Vaterlandes überschritten haben, sondern auch der ländliche Grundbesitz, diese hochbedeutende conservative Basis unseres staatlichen Gefüges, gelangt mehr und mehr in die Hände der Juden.

Angesichts dieser Verhältnisse und des massenhaften Eindringens semitischer Elemente in alle Stellungen, welche Macht und Einfluß gewähren, erscheint vom ethischen, wie vom nationalen Standpunkte die Frage wahrlich nicht unberechtigt: welche Zukunft steht unserem Vaterlande bevor, wenn es dem semitischen Element noch auf ein Menschenalter hinaus möglich bleibt, auf unserem heimischen Boden gleiche Eroberungen zu machen, wie in den beiden letzten Jahrzehnten? Wenn der Begriff „Vaterland“ seiner idealen Bedeutung entkleidet, wenn der Gedanke, daß es unsere Väter waren, die diesen Boden der Wildnis entrissen, die ihn in tausend Schlachten mit ihrem Blute gedüngt haben, unserem Volke nicht verloren gehen, wenn der innige Zusammenhang von deutschem Brauch und deutscher Sitte mit christlicher Weltanschauung und christlicher Ueberlieferung erhalten bleiben soll, dann darf ein fremder Stamm, dem unsere humane Gesetzgebung das Gast- und Heimatrecht gewährt hat, der uns aber seinem Fühlen und Denken nach ferner steht, als irgend ein Volk der gesammten arischen Welt, auf deutschem Boden nie und nimmer zum herrschenden aufsteigen.

Die Gefahr für unser Volkstum muß sich naturgemäß in demselben Maße steigern, in welchem es den Juden gelingt, nicht nur das nationale und religiöse Bewußtsein durch die Presse zu verkümmern, sondern auch in Staatsämter zu gelangen, deren Trägern es obliegt, über die idealen Güter unseres Volkes zu wachen. Wir denken dabei vor allem an die Berufsstellungen der Lehrer und der Richter; beide waren den Juden bis in die jüngste Zeit hinein unzugänglich und müssen ihnen wiederum verschlossen werden, wenn nicht die Autoritätsbegriffe des Volkes verwirrt und sein Rechts- und Vaterlandsgefühl erschüttert werden sollen. Schon beginnt das germanische Ideal persönlicher Ehre, Mannestreue, echter Frömmigkeit sich zu verrücken, um einem kosmopolitischen Pseudo-Ideal Platz zu machen.

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