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Ostdeutsche Definition der Menschenrechte auf Grundlage sozialer Gleichberechtigung (16. September 1976)

Eine Ostberliner Zeitung beantwortet die Frage, was die SED unter Menschenrechten versteht, indem sie erläutert, dass die westlichen Freiheitsdefinitionen unzureichend seien, solange sie nicht das Ende der wirtschaftlichen Ausbeutung voraussetzen. In dieser Argumentation werden die Aspekte Gleichberechtigung und Sicherheit höher gewertet als politische Freiheit.

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Was verstehen wir unter Menschenrechten?


Es gibt wenige Fragen, in denen so viel böswillig und bewußt gestiftete Verwirrung herrscht wie in dieser. Lassen Sie mich daher mit einer Klarstellung beginnen: Nur im Sozialismus sind die Menschenrechte verwirklicht, nur er kann sie überhaupt voll verwirklichen.

Betrachten wir das einmal von der negativen Seite, nämlich davon, wie das mit den Menschenrechten im Kapitalismus aussieht. Keiner redet ja so viel und so oft – und so verlogen von Menschenrechten wie die kapitalistischen Politiker. Schon vor 100 Jahren aber hat Karl Marx im „Kapital“ zu diesem Thema festgestellt: „Und gleiche Exploitation der Arbeitskraft ist das erste Menschenrecht des Kapitals.“

Hier haben wir einen vorzüglichen Ausgangspunkt für die Erläuterung der gestellten Frage. Exploitation heißt Ausbeutung. Wer ausgebeutet wird – und das ist im Kapitalismus die Masse der Werktätigen –, ist in seiner persönlichen Freiheit, in seinem grundlegenden Recht auf das Ergebnis seiner Arbeit stark eingeschränkt. Mehr noch, wer, wie das im Wesen der kapitalistischen Produktionsweise liegt, seine Arbeitskraft verkaufen muß, um überhaupt leben zu können, kann nicht frei sein. Und Freiheit ist eines der Menschenrechte.

Grundvoraussetzung für persönliche Freiheit ist demnach die Beseitigung des Ausbeutersystems. Im Sozialismus ist es beseitigt. Damit ist zugleich die Grundlage für die Verwirklichung aller Rechte des Menschen geschaffen. Sein allererstes Recht ist das Recht auf Leben. Selbst das verweigert ihm, der Kapitalismus. Durch Kriege, durch Arbeitslosigkeit, Armut, Hunger, Unterernährung.

In völkerrechtlicher Form wurden die Menschenrechte erstmalig am 10. Dezember 1948 in der Menschenrechts-Deklaration der UNO formuliert und verankert. Das ist ein umfangreiches Dokument von 30 Artikeln. Kaum einer ist außerhalb der Welt des Sozialismus voll verwirklicht. Beim Recht auf Freiheit ist zum Beispiel vom Recht der Menschen auf gleiche Freiheit die Rede ohne Ansehen der Rasse, Hautfarbe, der politischen Überzeugung, der nationalen und sozialen Herkunft. Der Multimillionär und der Lohnarbeiter haben keinesfalls gleiche Freiheit. Auch der griechische Gastarbeiter und sein niederländischer Direktor haben sie nicht. Der kommunistische Lehrer hat in der BRD auf Grund der Berufsverbote auch nicht die gleiche Freiheit wie sein Kollege, der der CDU angehört.

Ein Menschenrecht ist laut UNO-Deklaration auch das Recht eines jeden auf soziale Sicherheit. Die kann es nur dort geben, wo es keine Krisen gibt – im Sozialismus also. Ebenso wie das Recht eines jeden auf Arbeit. Das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit (ebenfalls ein Menschenrecht) ist im Kapitalismus Mangelware. Schon gar nicht zu reden von dem Recht eines jeden auf Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert.

Zu den Menschenrechten zählen auch das Recht auf Erholung und Freizeit, das gleiche Recht auf alle Formen der Erziehung und Berufsausbildung, das Recht zur freien Teilnahme am kulturellen Leben, auf Kunstgenuß, das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Kurz gesagt: Die Menschenrechte sind das Recht aller Menschen auf ein menschenwürdiges, gesichertes Leben. Und das ist in der DDR gewährleistet.



Quelle: Klaus Wilczynski, „Was verstehen wir unter Menschenrechten?“, Berliner Zeitung, 16. September 1976.

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