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„Edikt von Potsdam”, erlassen von Friedrich Wilhelm („der Große Kurfürst”) (29. Oktober 1685)

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7. So bald sich obgedachte Unsere Evangelisch-Reformirte Glaubens-Genossen Frantzösischer Nation in einiger Stadt oder Flecken niedergelassen, sollen ihnen die daselbst hergebrachte jura civitatis & opificiorum ohn entgeltlich und ohne Erlegung einiger Ungelder concediret, und eben die beneficia, Rechte und Gerechtigkeiten verstattet und eingeräumt werden, deren andere Unsere an solchen Orten wohnende und gebohrne Unterthanen geniessen und fähig seyn. Allermassen Wir sie denn auch von dem so genanten Droit d’Aubaine und anderen dergleichen Beschwerden, womit die Frembde in andern Königreichen, Landen und Republiquen belegt zu werden pflegen, gäntzlich befreyet, auch durchgehends auf gleiche Art und Weise wie Unsere eigene angehörige Unterthanen, gehalten und tractiret wissen wollen.

8. Diejenige welche einige Manufacturen von Tuch, Stoffen, Hüten oder was sonsten ihre Profession mit sich bringet, anzurichten willens seyn, wollen Wir nicht allein mit allen desfals verlangeten Freyheiten, Privilegiis und Begnadigungen versehen, sondern auch dahin bedacht seyn und die Anstalt machen, daß ihnen auch mit Gelde und andern Nothwendigkeiten, deren sie zu Fortsetzung ihres Vorhabens bedürffen werden, so viel müglich assistiret und an Hand gegangen werden soll.

9. Denen so sich auff dem Lande setzen, und mit dem Ackerbau werden ernehren wollen, soll ein gewiß Stück Landes uhrbar zu machen angewiesen, und ihnen alles dasjenige, so sie im Anfang zu ihrer Einrichtung werden nöthig haben gereichet, auch sonst überall ebener gestalt, begegnet und fort geholffen werden, wie es mit verschiedenen Familien, so sich aus der Schweitz in unsere Lande begeben und darinnen niedergelassen, biß anhero gehalten worden.

10. So viel die Jurisdiction und Entscheidung der zwischen offt gedachten Frantzösischen Familien sich ereigender Irrungen und Streitigkeiten betrifft, da sind wir gnädigst zufrieden, und bewilligen hiemit, daß in denen Städten, woselbst verschiedene Frantzösische Familien verhanden, dieselbe iemand ihres Mittels erwählen mögen, welcher bemächtiget seyn soll, dergleichen differentien, ohne einige Weitläufftigkeit, in der Güte zu vergleichen und ab zu thun. Daferne aber solche Irrungen unter Teutschen an einer, und Frantzösischen Leuten anderer Seite sich ereugnen, so sollen selbige durch den Magistrat eines ieden Orts und diejenige welche die Frantzösische Nation zu ihrem Schieds Richter erwählen wird, zugleich und gesamter Hand untersuchet, und summariter zu Recht entschieden und erhöret werden, welches denn auch als dann statt haben soll, wann die unter Frantzosen allein vorfallende differentien, dergestalt wie oben erwehnet, in der Güte nicht beygeleget und verglichen werden können.

11. In einer ieden Stadt wollen wir gedachten Unsern Frantzösischen Glaubens-Genossen einen besondern Prediger halten, auch einen bequemen Ort anweisen lassen, woselbst das exercitium Religionis Reformatæ in Frantzösischer Sprache, und der Gottesdienst mit eben denen Gebräuchen und Ceremonien gehalten werden sol, wie es biß anhero bey den Evangelisch Reformirten Kirchen in Franckreich bräuchlich gewesen.

12. Gleichwie auch diejenige von der Frantzösischen Noblesse, welche sich biß anher unter Unsere protection und in Unsere Dienste begeben, eben der Ehre, Dignitäten Prærogativen als andere Unsere Adeliche Unterthanen geniessen, Wir auch deren verschiedene zu den vornehmsten Chargen und Ehren-Ämptern an Unserm Hoffe, wie auch bey Unserer Miliz würcklich employret, Also sind Wir auch gnädigst geneigt, ebenmäßige Gnade und Beforderung denen Frantzösischen von Adel, so sich ins künfftige in Unsern Landen werden setzen wollen, zu erweisen, und sie zu allen Chargen, Bedienungen und Dignitäten, wozu sie capabel werden befunden werden, zu admittiren, gestalt denn auch dieselbe, wann sie einige Lehen- und andere Adeliche-Güter in Unsern Landen erkauffen und an sich bringen, dabey eben der Rechte, Gerechtigkeiten, Freyheiten und Immunitäten, deren andere Unsere angebohrne Unterthanen geniessen, sich gleichergestalt in allewege zuerfreuen haben sollen.

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