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Kategorien ländlicher Arbeiter am Ende des neunzehnten Jahrhunderts

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Der konfirmierte Sohn eines Landarbeiters vermietet sich lieber, wenn er kräftig genug ist, als Klein- oder Hofknecht, als daß er als Scharwerker in den schlechten Instwohnungen bei geringem Lohne und oft auch schlechter Kost mit den Frauen zusammen auf dem Gutsfelde arbeitet. So ist es denn so weit gekommen, daß sich Agenten in Berlin damit beschäftigen von dort proletarische Existenzen, junge verunglückte Kaufleute und Handwerker, den Insten aufs Land zu schicken. Wie wertlos diese Arbeitskräfte sind, wie leicht durch sie sozialdemokratische Irrlehren aufs Land verpflanzt werden, braucht nicht weiter ausgeführt zu werden.

So liegt es im Interesse der Instleute, eine möglichst große Zahl Kinder in die Welt zu setzen, um aus der eignen Familie heraus immer Ersatz für den Scharwerkerdienst zu haben. Damit werden aber gleichzeitig eine große Zahl wirtschaftlich bedenklicher Existenzen geschaffen. [ . . . ]

Die Wanderarbeiter oder Sachsengänger endlich sind eine der jüngsten Einrichtungen der ländlichen Arbeitsverfassung. Ihre Existenz ist in der Eigenart des landwirtschaftlichen Betriebes begründet. Mit dem Aufblühen des Zuckerrübenbaues steigt der Bedarf an Arbeitskräften im Sommer gegen den des Winters unverhältnismäßig. [ . . . ] Deshalb wurden hier schon bald vom Eichsfelde, von der Neumark und aus Schlesien für den Sommer Arbeiter herangezogen. Aber je mehr sich die Zuckerrübenindustrie ausdehnte, je größer wurde der Arbeiterbedarf und so kam es, daß jetzt in jedem Frühjahre große Scharen von Arbeitern nach den rübenbauenden Gegenden wandern, um nach der Ernte wieder in ihre Heimat zurückzukehren. [ . . . ]

Die Wanderarbeiterzüge bestehen meist aus 50-100 Mann starken Gesellschaften, die sich in den Abwanderungsgebieten z. B. in dem Warthebruche unter einem sogenannten Vorschnitter zusammenschließen, um die Rüben- und Erntearbeiten nach einem mit dem Vorschnitter vom Rübenbauer abgeschlossenen Vertrage gewöhnlich von Anfang April bis Ende November auszuführen. Diese Vorschnitter übernehmen in der Fremde dann meist die Stellung von Aufsehern über die von ihnen geworbenen Arbeitergesellschaften. Sie haben über ihre Leute oft eine sehr große Gewalt, besonders wenn ihnen die Verteilung der Arbeiten und die Lohnauszahlung allein überlassen bleibt. [ . . . ]

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