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Beginn der Großen Koalition (13. Dezember 1966)

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Eine sorgfältige, nicht nur eine Addition der Ressortvorstellungen widerspiegelnde mittelfristige Finanzplanung muß uns in den Stand setzen, diesen notwendigen finanziellen Spielraum wiederzugewinnen und damit die Möglichkeiten zu neuen politischen Entscheidungen wieder zu erlangen.

Wir dürfen bei diesen Überlegungen freilich nicht nur die Bundeshaushalte im Auge haben. Wir leben in einem Bundesstaat, in welchem Bund, Länder und Gemeinden ihre eigenen Aufgabenbereiche zu erfüllen haben. Ob die Aufgabenverteilung durch das Grundgesetz heute noch sachgerecht ist oder ob etwa bestimmte Bundeskompetenzen auf die Länder, Länderkompetenzen auf den Bund übertragen werden sollten, wird zu prüfen sein im Zusammenhang mit der Reform der Finanzverfassung, welche diese Regierung als eine der großen innenpolitischen Aufgaben betrachtet und verwirklichen will. [Beifall bei den Regierungsparteien.]

[ . . . ]

Alle unsere Bemühungen um die innere Ordnung, um wirtschaftliches Wachstum und soziale Gerechtigkeit, meine Damen und Herren, haben freilich nur Sinn und Bestand, wenn es gelingt, den Frieden und eine freiheitliche Lebensordnung zu bewahren. Daß der Friede bewahrt werde, ist die Hoffnung aller Völker, und das deutsche Volk wünscht dies nicht weniger als die anderen. [Beifall bei den Regierungsparteien.]

Darum ist der Wille zum Frieden und zur Verständigung der Völker das erste Wort und das Grundanliegen der Außenpolitik dieser Regierung. [Beifall bei den Regierungsparteien.]

Zwar dient jede Außenpolitik unmittelbar den Interessen des eigenen Volkes; aber in einer Welt, in welcher die Schicksale der Völker so eng miteinander verknüpft sind, darf sich niemand der Mitverantwortung für diese Welt und für den Frieden in dieser Welt entziehen. [Beifall bei Abgeordneten der Regierungsparteien.]

Die deutsche Regierung tritt für eine konsequente und wirksame Friedenspolitik ein, durch die politische Spannungen beseitigt und das Wettrüsten eingedämmt werden. Wir werden an Vorschlägen zur Rüstungskontrolle, Rüstungsminderung und Abrüstung mitarbeiten. Die Bundesrepublik hat gegenüber ihren Bündnispartnern auf die Herstellung von Atomwaffen verzichtet und sich entsprechenden internationalen Kontrollen unterworfen. Wir streben keine nationale Verfügungsgewalt über Atomwaffen und keinen nationalen Besitz an solchen Waffen an. [Beifall bei den Regierungsparteien.]

Wir sind entschlossen, mit allen Völkern Beziehungen zu unterhalten, die auf Verständigung, auf gegenseitiges Vertrauen und auf den Willen der Zusammenarbeit gegründet sind.

Dies gilt auch für unser Verhältnis zur Sowjetunion, obwohl unsere Beziehungen immer noch durch das ungelöste Problem der Wiedervereinigung unseres Volkes belastet sind. Ich gehörte im Jahre 1955 bei unserem Besuch in Moskau – erlauben Sie mir diese persönliche Erinnerung – zu denjenigen, die mit Nachdruck für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion eintraten. Sicherlich hat die Entwicklung dieser Beziehungen die Erwartungen auf beiden Seiten enttäuscht. Das soll für uns kein Anlaß sein, unsere Bemühungen um eine Verständigung Schritt für Schritt und um zunehmendes, gegenseitiges Vertrauen zu verringern. In meiner letzten Rede im Deutschen Bundestag am 1. Oktober 1958 in Berlin habe ich gesagt, das deutsche Volk hege weder Feindschaft noch Haß gegen die Völker der Sowjetunion, es möchte mit ihnen im Gegenteil in guter friedlicher Nachbarschaft leben, und es denke auch nicht daran, sich in die inneren Verhältnisse der Sowjetunion einzumischen. Ich habe hinzugefügt, es möge für die Sowjetunion im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands Probleme geben, deren Lösung ihr schwierig scheine. Politische Klugheit und weitblickender Verständigungswille auf allen Seiten würden aber solche Schwierigkeiten überwinden können. Ich bin auch heute noch dieser Überzeugung. Und diese Regierung wird nach dieser Überzeugung handeln. [Beifall bei den Regierungsparteien.]

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