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OMGUS-Umfragen: Trends in der deutschen öffentlichen Meinung (1945-48)

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Die Besatzung. Das Vertrauen in die Bemühungen der Alliierten um den Wiederaufbau Deutschlands sank von 43 Prozent im September 1946 auf nur drei von zehn im Januar 1948. Das Vertrauen in die amerikanischen Wiederaufbauanstrengungen, das zwischen 1945 und 1947 von 70 auf 44 Prozent zurückgegangen war, stieg im Januar 1948 auf 55 Prozent, möglicherweise wegen des Marshallplans. Nur ein Drittel hatte je erwartet, dass die vier Mächte beim Wiederaufbau Deutschlands kooperieren würden; in den ersten Monaten des Jahres 1948 glaubten tatsächlich weniger als einer von zehn daran.

Zwischen Januar 1946 und Januar 1948 stieg der Pessimismus hinsichtlich eines vereinten Deutschlands als Ergebnis der Besatzung stark an, von 71 Prozent, die von der Kooperationsbereitschaft der Alliierten überzeugt waren auf 80 Prozent, die nicht daran glaubten.

Eine stetig wachsende Zahl von Deutschen erwartete, dass die Vereinigten Staaten in den kommenden zehn Jahren das einflussreichste Land der Welt sein würden und dass ihr Einfluss dem Frieden dienen würde. Fast alle, die die Sowjetunion nannten, sahen als Ergebnis Krieg. Die Mehrheitsmeinung festigte sich, dass die Amerikaner Deutschland so bald wie möglich wiederaufbauen sollten, damit es nicht zur Beute des Kommunismus werde.

Wirtschaftsfragen. 67 Prozent der AMZON-Bevölkerung betrachteten ihr Familieneinkommen im Januar 1946 als hoch genug, um die notwendigen Ausgaben zu decken; zwei Jahre später waren es nur noch 57 Prozent. Große Mehrheiten in West-Berlin gaben an, ihre Lebenshaltungskosten nicht decken zu können. Bei der Einschätzung der Preisentwicklung gab es keinen erkennbaren Meinungstrend. Schwankend war auch die Meinung zu den Zukunftsaussichten in der Amerikanischen Besatzungszone. Insgesamt meinten zwischen Januar 1946 und Juni 1947 ebenso viele Menschen, dass die Reichsmark an Wert verlieren wie dass sie stabil bleiben würde.

Immer mehr AMZON-Bewohner kamen zu dem Schluss, dass es einen lokalen Schwarzmarkt gebe und dass dies ein ernst zu nehmendes Problem sei. Im Februar 1946 glaubten 51 Prozent nicht an die Existenz eines Schwarzmarkts, doch im Januar 1978 konnten 71 Prozent einen solchen nicht erkennen; ähnlich hielten früher nur 15 Prozent dies für ein ernst zu nehmendes Problem, während zum späteren Zeitpunkt 47 Prozent dieser Meinung waren. Gleichzeitig verringerte sich das Vertrauen in die offiziellen Bemühungen um eine Beseitigung des Schwarzmarkts erheblich, obwohl der Trend Anfang 1948 anzusteigen schien.

Ernährung. Eine wachsende Zahl von Menschen nannte die Versorgung mit Lebensmitteln ihre Hauptsorge, womit in der Amerikanischen Zone ein Anstieg von nur 17 Prozent im Jahre 1945 auf 53 Prozent im Jahre 1948 verzeichnet wurde. Die nächste Sorge galt der Kleidung und den Schuhen, auch hier stieg die Zahl der Nennungen. Die Mehrheit der Bevölkerung in der Amerikanischen Zone war immer noch mit der fairen Umsetzung der Rationierung zufrieden, obwohl die Zahl jener, die so dachten, von einem Höchststand von 93 Prozent Ende 1945 auf 64 Prozent im Januar 1948 zurückgegangen war. Mehrheiten, oft erhebliche, sagten, sie würden nicht ausreichend essen, um ihre Arbeit gut zu verrichten; in West-Berlin waren es acht von zehn.

Vertriebene. Im Januar 1948 hielten 93 Prozent der Deutschen die Vertreibungen für nicht gerechtfertigt. Sowohl die Vertriebenen als auch die Einheimischen waren fast einhellig der Meinung, die Vertriebenen würden gern in ihre Heimat zurückkehren. Wie im Jahr zuvor meinte fast die Hälfte der AMZON-Bevölkerung, die Vertriebenen würden sich mit den Einheimischen gut verstehen, ungefähr vier von zehn glaubten nicht daran; in dieser Frage waren die Hessen optimistischer, die Bewohner Württemberg-Badens waren am pessimistischsten. Die Vertriebenen selbst waren im Januar 1948 mit ihrer Aufnahme in Deutschland weniger zufrieden als im Herbst 1946.



Quelle: A. J. und R. L. Merritt, Public Opinion in Occupied Germany, The OMGUS Surveys. Urbana, IL, 1970, S. 210-13.

Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche: Erica Fisher

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