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„10 Jahre Sozialpolitik in beiden deutschen Staaten”: Artikel des ehemaligen Direktors der Sozialversicherung der DDR, Paul Peschke (Oktober 1959)

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Die Rentengesetze vom Jahre 1957 haben dem privaten Versicherungsgeschäft eine tiefe Bresche in den Kreis der etwa 19 Millionen Sozialversicherten geschlagen. Zehntausende besser bezahlter Angestellter wanderten in die Privatversicherungen ab. Im zehnten Jahr der separaten Existenz des Bonner Staates steht die „Reform“ der sozialen Krankenversicherung und der Unfallversicherung nach rückwärts auf der Tagesordnung. Die Unternehmerverbände haben, gestützt auf den Staatsapparat, gegenwärtig eine neue Kampagne gestartet, die die Abschaffung des geringfügigen gesetzlichen Lohnausgleiches, den sie zahlen müssen, zum Ziele hat. Sie bezeichnen die seit dem 1. Juli 1957 bei Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit dem Arbeiter zustehenden 90 Prozent des Nettolohnes zynisch, wie der „Industriekurier“ vom 15. August 1959 schreibt, mit „Wohltat wird Plage“.

Trotz des Vorhandenseins einer einheitlichen Gewerkschaftsorganisation, trotz wegweisender und gemeinsamer Interzonenbeschlüsse über die einheitliche Neugestaltung der Sozialversicherung in ganz Deutschland gelang es der CDU, wichtige Prinzipien der sozialen Sicherheit in Westdeutschland auf dem legalen Wege der parlamentarischen Gesetzgebung zu beseitigen. Die Arbeiterklasse und ihre Organisationen hatten allen Grund, den zehnten Jahrestag dieses Separatstaates als einen Tag der Besinnung auf die eigene, ihre Klassenkraft zu begehen.

Die Aktionsgemeinschaft mit den Klassenorganisationen der herrschenden Arbeiterklasse in der Deutschen Demokratischen Republik könnte den verhängnisvollen Lauf dieser Entwicklung abstoppen und allmählich in eine Richtung nach vorwärts zur vollendeten sozialen Sicherheit lenken. In Westdeutschland feierte daher kein Arbeiter die am 20. September 1949 erfolgte, von den Westmächten kommandierte Gründung dieses Separatstaates.

Die Arbeiter in der DDR dagegen begehen am 7. Oktober den zehnten Geburtstag ihres Staates als ein großes Freudenfest. Indem sie das deutsche Grundübel, die Macht der Imperialisten und Militaristen, beseitigten, die politische und die wirtschaftliche Macht in ihren Händen konzentrierten, schufen sie die Grundlage für eine ständig vervollkommnete soziale Sicherheit, wie sie im Kapitalismus unmöglich ist. Die politische Macht in den Händen der Arbeiterklasse und die ideologische und organisatorische Einheit ihrer Reihen, verkörpert durch die Sozialistische Einheitspartei und den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund, sind ihre höchste Errungenschaft.

Die zunehmende soziale Sicherheit in der DDR zeigt sich am stärksten in der Sicherheit des Arbeitsplatzes. Das Recht auf Arbeit ist Gesetz und in der Praxis bereits eine Selbstverständlichkeit. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist bereits schon seit dem Jahre 1946 gewährleistet. Das Mitbestimmungsrecht der Arbeiter in der Wirtschaft, bei der Regelung der Produktion und der Arbeitsverhältnisse ist Gesetz und lebendige Praxis. Die bisherige staatliche Kontrolle des betrieblichen Arbeitsschutzes ist den Gewerkschaften übertragen worden. Der Jugendschutz wird ständig weiter verbessert. Die Gesundheitsfürsorge und Krankenbehandlung werden durch die staatliche Gesundheitsverwaltung in engster Zusammenarbeit mit den Ärzten und der Sozialversicherung kostenlos für die Bevölkerung gewährleistet.

Die Verwaltung der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten wird von den Gewerkschaften ausgeübt. Die Arbeiter sind auf allen Ebenen der Wirtschaft direkt an der Ausübung der staatlichen Macht beteiligt. In dem Maße, wie sie die Früchte ihrer Arbeit beim Aufbau des Sozialismus ernten, verbessern sich auch die Leistungen ihrer Sozialversicherung von Jahr zu Jahr. Materielle Sicherung durch den betrieblichen Lohnausgleich bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall genießen die Arbeiter und Angestellten bereits schon seit dem Jahre 1946. Dabei werden Krankengeld und Lohnausgleich vom ersten Krankheitstage an gezahlt.

Im zehnten Jahr der Arbeiter-und-Bauern-Macht wurde die Mindestrente auf 115,- DM monatlich erhöht. Dazu kommen Zuschläge in Höhe von 9,- DM in der DDR und 12,- DM in Berlin als Ausgleich für den Wegfall der Lebensmittelkarten. Die gesundheitliche und materielle Sorge für Mutter und Kind hat einen Stand erreicht, daß sich kein Elternpaar die Freude an Kindern zu versagen braucht.

Im zehnten Jahr der Deutschen Demokratischen Republik erhöhte die Regierung in Übereinstimmung mit den Gewerkschaften das Pflegegeld der Sozialversicherung für Schwer- und Schwerstbeschädigte von bisher monatlich 120,- DM auf 180,- DM. Der Höchstsatz des Pflegegeldes beträgt 240,- DM monatlich. Die bisherige zeitliche Begrenzung der Kostenübernahme bei einer Krankenhausbehandlung wurde aufgehoben. Die Kosten werden ab 1. Juli 1959 von der Sozialversicherung für unbegrenzte Zeit getragen. Der Kreis der Bergleute, die vom 50. Lebensjahr an die Bergmannsvollrente erhalten, wurde erheblich erweitert, und wer mit dem 50. Lebensjahr die Anwartschaft noch nicht erreicht hat, weil er noch keine 25jährige bergmännische Tätigkeit nachweisen kann, erhält die Bergmannsvollrente auch noch mit 60 Jahren nach 15jähriger bergmännischer Tätigkeit. Voraussetzung ist nur, daß er zu der Zeit des Beginns der Rentenzahlung noch der Bergbauversicherung angehört.

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