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Stimmungsbericht der SED Betriebsparteiorganisation im VEB Bergmann-Borsig (1955)

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Es gibt Kollegen, die der Auffassung sind, daß diese Ware an Altersheime und Kindergärten kostenlos verteilt werden sollten. Im Werkzeugbau wird die Ausgabe der Weihnachtsgratifikation begrüßt. Unzufriedenheit herrscht darüber, daß eine Grenze gesetzt ist, das Weihnachtsgeld ist Tradition. In der Grundorganisation Werkleitung in Abteilung Arbeitsnormung wird darüber diskutiert, daß die Textilien und Lebensmittel in der DDR nicht ausreichend vorhanden sind. In der Abteilung Arbeitskräftelenkung sind ebenfalls die Kollegen der Auffassung, die beschlagnahmte Ware ist zu teuer. Das Warenangebot in der DDR sei zu gering. Besonders fehle es an Wollfertigwaren. Auch Zwiebeln gibt es zu wenig. Auch in den anderen Abteilungen sagen Kollegen: Unsere ‚Ostmark‘ hätte eine höhere Kaufkraft als die Westmark und nun nehmen wir 4.50 Dm [!] für die Tafel Schokolade, die beschlagnahmt wurde.

Kurze Einschätzung:
Unsere Agitatoren berichten, daß die Kollegen in der letzten Zeit auf unser Argument zugänglicher sind. Außer diesen hier aufgezeigten unklaren und negativen Äußerungen ist der größte [Teil] unserer Kollegen aufgeschlossen und kritisiert den noch mangelnden Arbeitsablauf in der Produktion, und sagt offen seine Meinung. Ein Mangel unserer Agitationsarbeit besteht darin, daß unsere Agitatoren nicht ständig mit ihren Kollegen über die politischen und ökonomischen Fragen diskutieren. Starke Unklarheiten, die durch unsere Agitationsarbeit beseitigt werden [müssen], bestehen in dem Nichterkennen der Rolle unserer Arbeiter- und Bauernmacht und besonders dem Charakter unseres Volkseigenen Betriebes. Dabei kommt immer zum Ausdruck bei den Diskussionen bei dem Nichterkennen der Kraft der Arbeiterklasse. Ein Teil der hiergenannten Unklarheiten wurden durch den Einsatz der qualifizierten Agitatoren geklärt. Diskussionen über freie Wahlen sind jetzt in unserem Betrieb nur noch wenige vorhanden. Den Kollegen ist es klargemacht worden, unter welchen Bedingungen freie Wahlen durchgeführt werden.

[Unterschrift C.]



Quelle: LAB, SED-BPA. IV-7/109, Nr. 30; abgedruckt in Peter Becker, Alfred Lüdtke, Akten, Eingaben und Schaufenster. Die DDR und ihre Texte. Erkundungen zu Herrschaft und Alltag. Berlin: Akademie-Verlag, 1997, S. 211-14.

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