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Rechenschaftsbericht der Zentralverwaltung für deutsche Umsiedler im sowjetischen Okkupationsgebiet (23. Dezember 1945)

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g) Kontroll- und Revisionsarbeit.
Erst in letzter Zeit ist in der Zentralverwaltung eine systematische Kontroll- und Revisionsarbeit aufgenommen worden. Bei diesen Kontrollen hat sich herausgestellt, dass die bisher gegebenen Anweisungen und Verfügungen der Zentralverwaltung über Organisation der Lager, sanitäre Betreuung, wirtschaftsmaterielle Versorgung der Umsiedler sehr vernachlässigt worden sind. Unterschlagungen, schlechte Organisation, Unfähigkeit, mangelnde Übersicht sind an der Tagesordnung. In allen Fällen, wo Unterschlagungen oder Unfähigkeit festgestellt wird, wird im Einvernehmen mit der Landes-Provinzialverwaltung Abänderung geschaffen. Die Schuldigen werden dem Gericht übergegeben, Unfähige werden ausgewechselt.

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III. Stimmungen unter den Umsiedlern.

(Es sind konkrete Tatsachen über Klagen sowie positive Äußerungen anzuführen.)
Es ist erklärlich, daß der Zentralverwaltung vonseiten der Umsiedler nur Beschwerden und Klagen zugehen. Denn nur dann, wenn die örtlichen Instanzen oder die Provinz-Landesverwaltungen entweder nicht reagierten oder nicht in der Lage sind, auf die Klagen der Umsiedler einzugehen, wenden sich die Umsiedler an die Zentralverwaltung. Dabei liegen die größten Klagen über Schwierigkeiten und Mißstände bei den Transporten vor (Verzögerung in der Zuggestellung, Lokomotivmangel und damit verbundenes tagelanges Stehen auf Bahnhöfen und Bahnstrecken, Überfüllung, schlechte Lebensmittelversorgung, Kälte, mangelnde sanitäre Betreuung, Fehlleitung von Zügen).

In Mecklenburg wird vor allem über mangelnden Wohnraum geklagt. Eine ganz besondere Art der Klage wird von Seiten der Umsiedler gegen die einheimische Bevölkerung vor allem in Mecklenburg geführt, die in kleinen Dörfern oftmals auf Gnade und Ungnade den Bauern und örtlichen Instanzen ausgeliefert sind. Überteuerte Mietpreise, asoziale Haltung einiger Bauern in der Frage der Arbeitsbeschaffung, schlechte Lebensmittelversorgung, Wucherpreise für Lebensmittel, schlechte ärztliche Versorgung, das sind die hauptsächlichen Klagen, die bisher an uns gebracht wurden. In allen den Fällen, wo konkrete Tatsachen der ZV. vorgetragen werden, versuchen wir über die Provinzen und Länder auf die örtlichen Instanzen einzuwirken, die Mißstände abzustellen. Eine wirkliche Änderung der Verhältnisse kann aber nur erfolgen, wenn das Umsiedlungsproblem als ein politisches Problem auf breitester Basis von den politischen Parteien übernommen wird. Kontrollen seitens der politischen Parteien, die organisierte soziale Hilfe über die politischen Parteien, die Verstärkung der Arbeit der Umsiedlerausschüsse und die rücksichtslose Bestrafung von Wucherern und asozialen Elementen sind die Voraussetzung für die Schaffung einer gesunden Atmosphäre.

Wenn die Klagen und Beschwerden, wenn auch nicht zahlreich, doch zur Zentralverwaltung kommen, so sind uns bisher aus den Reihen der Umsiedler Anerkennungsschreiben nicht zugegangen.

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Die positiven Momente treten eigentlich erst in Erscheinung, wenn die Umsiedler irgendwo Arbeit und Wohnung gefunden haben und sich in ihrer neuen Arbeitsstätte eingelebt haben. Wir werden in Zukunft ein besonderes Gewicht auf die Sammlung dieser guten Beispiele legen.

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Quelle: BArch, DO 2/1164, Ausfertigung (Auszüge); abgedruckt in Udo Wengst, Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland, Bd. 2/2: 1945-1949: Die Zeit der Besatzungszonen. Sozialpolitik zwischen Kriegsende und der Gründung zweier deutscher Staaten. Dokumente. Baden-Baden: Nomos, 2001, Nr. 41, S. 113-15.

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