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Wohnungsbauprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands für die westlichen Besatzungszonen (Mai/Juni 1949)

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4. Wie müssen wir bauen?

Größe der Wohnungen

Nach den Ergebnissen der Volkszählung von 1946 ist je Wohnungseinheit (Familie) in den meisten Fällen mit drei bis vier Personen zu rechnen. Für die Kleinstadt liegt diese Zahl etwas höher als für die Großstadt und nimmt in den Gemeinden mit überwiegend bäuerlicher Bevölkerung immer mehr zu. Nach der gleichen Skala verringern sich aber der Wohnungsbedarf und die Dringlichkeit des Wohnungsbaues. Zumindest für die ersten Jahre des Bauprogramms kann somit mit durchschnittlich drei bis vier Personen je Wohnung gerechnet werden. Für diese Personenzahl wird als erforderliche Mindest-Wohnungsgröße eine Wohnfläche von durchschnittlich 45 qm in Ansatz gebracht. Diese Größe soll allen weiteren Betrachtungen zugrundegelegt werden. Die Wohnungen sollen in qualitativ einwandfreier Ausführung gebaut werden; andererseits sind die Faktoren der Wirtschaftlichkeit, die sich letzten Endes in der Höhe der Miete ausdrücken, zu berücksichtigen.

Für die große Gruppe der Kleinsthaushalte wird ein erheblicher Teil von Wohnungen noch kleinerer Abmessungen – selbständige Einraumwohnungen mit Kochnischen und eingebauten Schränken, Heimwohnungen – erforderlich sein. Die alten Leute, die alleinstehenden Frauen, Mütter mit einem Kind und die jungen Ehepaare dürfen den gleichen Anspruch auf die eigene Wohnung geltend machen wie die Vollfamilien. Heute blockieren sie Familienwohnraum oder sind zu hoffnungslosem Untermieterdasein verurteilt.

Wohnungstyp und Bauweise

Normung und Typisierung werden bei der Durchführung dieses Programms eine wichtige Rolle zu spielen haben. An dieser Stelle soll jedoch eindeutig herausgestellt werden, daß nur die einzelnen Bauelemente und nicht die Wohnungen und Häuser typisiert werden sollen. Der Begriff „sozialer Wohnungsbau“ wird allzuoft mit der Vorstellung von einheitlichen Mietkasernen verbunden. Es soll schlicht und zweckmäßig, aber nicht einheitlich gebaut werden. Die architektonische Gestaltung soll nach wie vor den Architekten überlassen bleiben. Sie wird sich der Landschaft und den Traditionen des Landes oder der Stadt anpassen.

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7. Finanzierung

a) Die Aufgabe

Was produziert werden kann, kann auch finanziert werden

Ausschlaggebend für die Beurteilung der Finanzierungsmöglichkeiten des „Planes A“ ist die Prüfung der Frage, ob die materiellen Hilfsquellen und die Arbeitskräfte vorhanden sind. Wohnungen werden nicht mit Geld gebaut, sondern mit Arbeitskräften, Rohstoffen und Betriebsstätten. Sind die Produktionsmöglichkeiten nicht gegeben, dann nützen die schönsten Finanzierungskünste nichts. Werden die Produktionsmöglichkeiten bejaht, dann ist die konkrete Finanzierung nur noch eine organisatorisch-technische Angelegenheit. Was produziert werden kann, kann auch finanziert werden. Wenn wir sagen, daß es sich bei der Finanzierung „nur“ um eine technische Angelegenheit handelt, so soll damit die Bedeutung des Problemes in keiner Weise verkleinert werden. Es soll nicht verkannt werden, daß auch hier angesichts der durch Kriegs- und Nachkriegsfolgen und Währungsreform zusammengeschmolzenen Sparmittel sowie der Betriebs- und Geldkapitalreserven schwerwiegende Probleme zu lösen sind, die bei nichtfachgerechter und wohlabgewogen gehandhabter Lenkung inflationistische Gefahren heraufbeschwören können. Entscheidend ist aber in erster Linie, ob und inwieweit unausgenutzte Arbeits- und Betriebsreserven in der Volkswirtschaft zur Verfügung stehen. Solange ein unausgenutztes Kräftepotential disponibel ist - und im Bausektor steht es in Gestalt nicht ausgenutzter Arbeits- und Betriebskapazitäten heute in beträchtlichem Umfange bereit - kann die Mittelbeschaffung zwar eine Frage des „Wie“ und des „Wieviel“, niemals aber des „Ob“ ihres Einsatzes sein.

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