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Interview mit Louis Armstrong: „Sie kommen durch den Eisernen Vorhang, um amerikanischen Jazz zu hören” (Dezember 1955)

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F: Wie ist es mit den amerikanischen Jazzmusikern dort drüben? Wie würden sie sich zuhause schlagen? Wie würden sie bewertet?

A: Nur sehr wenige würden es in den Vereinigten Staaten schaffen, sehr wenige. Sie werden nachlässig gegenüber ihren Instrumenten, schlampig. Die Hälfte von ihnen übt nicht einmal, höchstens vor den Fans. Den Fans mag das gefallen, dem Publikum aber nicht. Ich würde gern einen Mann zurückkommen sehen, dem es immer noch ernst ist mit seinen Instrumenten. Einige werden wiederum schlampig mit ihren Terminen und Verträgen und damit kann man zuhause nicht durchkommen. Man kann nicht einfach losspielen, wenn einem danach ist – wir haben eine Gewerkschaft und die ist streng in Amerika. [ . . . ]

F: Warum kaufen die Leute Jazz – 3 Millionen Platten ihrer Aufnahme eines Stücks und nur 300.000 Aufnahmen einer Oper? Was ist es, das Jazz hat?

A: Es gibt inzwischen einfach mehr Jazzfans als Opernfans. Nehmen sie die jüngere Generation - sie hatten weniger Gelegenheit, richtige Opern zu hören als ihre Mütter und Väter. Verstehen Sie, was ich meine? [ . . . ] Die Jugendlichen genießen das in bestimmtem Maß. Aber sie springen erst richtig bei einer Crooner-Nummer an – oder Bing [Crosby] oder Sinatra oder sowas. Es ist lebendig. Kurze Wörter. Sie verstehen es. [ . . . ]

F: Louis, glauben Sie, dass der Hot Jazz den Kalten Krieg beenden wird?

A: Nun, mit Politik kenne ich mich nicht aus – aber ich weiß, dass Hot Jazz eine Menge für viele Fans tun kann, die sich auch nicht so sehr dafür interessieren. Wenn es Leuten, die friedlich mit Musik umgehen überlassen wäre, gäbe es keine Kriege. Es gäbe keine. Die werden von Leuten verursacht, die vermutlich keinen Jazz mögen, aber Musik hat eine Menge geleistet für Freundschaften und so weiter.

F: Glauben Sie, die Atombombe hat die Leute dazu gebracht, sich mehr als vorher der Musik zuzuwenden?

A: Also ich tauche nicht in die Politik ein. Wie in Genf – der Typ mit dem Mikro, wissen Sie. Er verfolgte einen damit. „Was halten sie von der Viermächtekonferenz?“ Ich sage, „Ich hoffe bloß, die Combo hat Spaß und kriegt den Jive auf die Reihe.“



Quelle: U.S. News & World Report, 2. Dezember 1955, S. 54-62.

Übersetzung: Insa Kummer.

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