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Befehlshaber der Reichsjuden – Josel von Rosheim (ca. 1480-1554)

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Im Jahr 5293 (1532/33), kam ein Strafgericht über unsere Brüder in Schlesien, wobei alle jüdischen Einwohner der Region verhaftet wurden. Ich musste hinauf zu den Städten Schwabach und Ansbach, zusammen mit Rabbi Liebermann seligen Andenkens, um die Freilassung der Gefangenen zu erwirken. Der Parnes (11) und weitere zwei oder drei Personen waren bereits auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden aufgrund einer Verleumdung in Sachen Milch von Waldschweinferkeln, eine Anschuldigung, die man schließlich als unrichtig entlarvte. Und mit der Hilfe Gottes sagte er den Gefangenen, sie seien frei. Ich gab über 600 Gulden aus den Mitteln der Juden auf deutschem Boden aus, um den Herzog, Markgraf Georg, davon zu überzeugen und ihm zu beweisen, dass wir und das gesamte Judentum völlig unschuldig seien und diese Anschuldigung unbegründet sei (12).

In den Jahren 5293 und 5295 (1532/33 und 1534/35) kam ein Strafgericht über die Juden im Berberland (13), als unser Herr der Kaiser gegen jene Lande Krieg zu führen begann und die Städte Koron und Patras erobert wurden. Für unsere vielen Sünden wurden einige Juden ermordet und einige gefangen genommen. Die jüdischen Gemeinden Italiens schrieben mit der Bitte um Unterstützung bei Auslösung und Unterhalt der Gefangenen, was aus dem in ihrem Brief Geschriebenen ersichtlich ist. Wenngleich jedoch hier im Elsass eine Steuer von vier Prozent gesammelt wurde, um sie auszulösen, gelang es uns nicht, dieses Lösegeld in verlässliche Hände zu geben. Und ich sagte, „Es ist gestattet, dieses Geld für den Freikauf anderer Gefangener zu verwenden oder für ähnlich wichtige religiöse Verpflichtungen dieser Art.“ Daher setzte ich einen Teil für meine Aktivitäten im Zusammenhang mit dem harten Erlass gegen die Juden Böhmens und die heilige Gemeinde Prags ein, sowie einen Teil davon für weiteres lebensrettendes Wirken. Möge diese Entscheidung in den Augen Gottes, gepriesen sei er, annehmbar sein.

Im Jahr 5294 (1533/34) gab es Meinungsverschiedenheiten und Streit innerhalb der heiligen Gemeinde Prags zwischen der Gemeinde und den Horowitz-Leuten sowie weiteren Personen, und infolgedessen entstanden viele verfeindete Lager in anderen böhmischen Gemeinden. Die Rabbiner von Posen und Deutschland schrieben mit der dringenden Bitte, zu einer Einigung zu gelangen und die Beilegung der Streitigkeiten den Händen eines rechtschaffenen Mannes anzuvertrauen. Und das Los fiel auf jenen hochgeschätzten Gelehrten, den großen Rabbiner unseren Lehrer Rabbi Abraham, den Sohn unseres Lehrers Rabbi Avigdor, selig sei das Andenken des Rechtschaffenen, und auf meine Wenigkeit, um neue Verordnungen für die Gemeinde auszuarbeiten und festzusetzen. Auf Bitte und Bestehen unserer Rabbiner reiste ich unter vielen Mühen und Schwierigkeiten in jene große Stadt Gottes, um als Gehilfe des Gaons seligen Andenkens zu dienen (14). Wir erstellten und erließen 23 ausgezeichnete und achtenswerte Vorschriften, und über 400 erwachsene und verantwortliche Männer kamen gerne und unterschrieben das Dokument. Während ich jedoch noch bei Tische saß, das Lavendelöl breitete seinen Duft aus, da gelang es einem Anhänger von Horowitz namens Schabbat Tash und seiner Splittergruppe, mich in die Hände von Mördern auszuliefern. Ich musste dreimal in der Prager Festung in meiner Verteidigung sprechen, und die gesamte Gemeinde unterstützte mich. Mit Gottes Hilfe entkam ich untadelig und unbeschadet aus den Krallen des Löwen. Zusätzlich zu alledem machten gewisse Personen mit lebhaften Fantasien, weise Männer, die jenem Lager zugehörten, gemeinsame Sache mit jenen, die meine Ehre angriffen. Doch Gerechtigkeit kommt auf ihre eigene Art zustande: vorbildhafte Personen kamen von allen Seiten und wandten sich, beseelt durch den Herrn der Heerscharen, an die Rabbiner Italiens und Österreichs, um Genugtuung für meine Beleidigung zu fordern, meine Schlacht zu schlagen und Dank zu sagen für die Segnungen wie sie in jenem Buch niedergeschrieben sind (15). Und die von den Horowitz-Leuten provozierte und angezettelte Zwietracht und Uneinigkeit hat bedeutet, dass Jakob [=Israel] für unsere vielen Sünden als Beute genommen wurde, um zerstört und nicht aufgebaut zu werden, so wie dies durch das Aufkommen einer Verleumdung nach der anderen bewiesen wird. Möge der Geheiligte, gepriesen sei Er, ihnen vergeben und all unsere Sünden. Möge dies Sein Wille sein. Amen.



(11) Der jüdische Gemeindevorsteher.
(12) Markgraf Georg (geb. 1484, r. 1515-43) von Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Kulmbach.
(13) Hier Marokko und Tunis.
(14) Rabbi Abraham ben Avigdor († 1542), Exeget der Thora.
(15) Das zuvor erwähnte Regelbuch.

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