GHDI logo

Aufsicht über die protestantischen Kirchen – Visitations- und Schulordnung aus der Kurpfalz (1556)

Seite 4 von 7    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


(B) Die pfälzische Schulordnung von 1556


Schulordnung, wie dieselbige in des durchleuchtigisten, hochgebornen fürsten und herrn, hern Ottheinrichs, pfaltzgraven bey Rhein, des heiligen römischen reichs ertzdruchsessen und churfürsten, hertzogen in Nidern- und Oberbayrn etc., chur- und fürstenthumben gehalten werden soll (1556).

[In mehreren Exemplaren erhalten zur pfälzischen Kirchenordnung von 1556]

Von den lateinischen schulen

Es ist bey menigklich rechts, gesundts verstands bekentlich, das die schulen nicht allein zur leer der guten, nutzlichen künsten, sonder auch zu erhaltung der nötigen ämbter in kirchen, in regimenten und im haußhalten dienstlich, nutzlich und nötig sind.

Und wiewol die elementa, so man den jungen kindern in der schul fürgibt, für eitel kinderwerck geacht werden möchten, so kan doch niemandt zu den rechten, hohen, notdürftigen und nutzlichen künsten one der kinder elementa kommen. Und so das fundament nicht recht gelegt, mag nimmer kein gut gebeu daraufgesetzt werden. Hierauf erfordert die not, das die kinderschul mit erbarn, gelerten gottförchtigen und fleissigen schulmeistern bestellt werden. Und darnach, so ein schulmeister berufen oder seinen dienst selbst anbeut, soll er vorhin seins wesens und lebens gute kundtschaft haben. Darauf soll er von den verordneten examiniert werden, ob er zu dem ambt tauglich und sonderlich, ob er ein guter grammaticus sey.

So er nun zu der administration der schul tauglich erkhennt, sollen ime volgende artickel fürgehalten werden:

I. Das er die schul, so ime befolhen, nach der fürgeschribnen schulordnung (die auch ime alßbald übergeben oder ime abzuschreiben zugestelt werden soll) mit allem fleiß anrichten und administriern wöll.

II. Und so darin die gelegenheit der jungen etwas endrung erfordert, soll er dasselb nicht anderst dann mit rath des superattendenten desselben orts fürnemen und hierin allein der jungen nutz und fürderung der leer bedencken und ansehen.

III. Das er mit den schulern, so etwas erwachsen, latein rede und sie auch latein zu reden gewene.

IIII. Das er mit einem züchtigen, erbarn und nüchtern leben den schulern ein gut exempel fürtrage.

V. Das er die jungen, so ires unfleiß oder boßheit halben streflich befunden, nicht aus zorn, mit poldern, sonder gebürlich mit worten oder ruten strafe.

VI. Das er in der kirchen kein ander gesang oder psalm singe, dann wie im von dem superattendenten oder pfarrer befolhen wirdt.

VII. Das er sein treu gebe an eines eids stadt, dem durchleuchtigisten etc. herrn Ottheynrichen, pfaltzgraven etc. als ein getreuer underthan gehorsam zu sein und seiner churf[ürstlichen] g[naden], auch den lands nutz mit allem fleiß zu fürdern und schadens seins vermögens wenden und verhüten wölle.

VIII. Und so sich zur zeit seines ambts und inwonung ein irrung mit ime und einem oder mehr, meins gnedigsten churfürsten und herrn underthan oder hindersaß, zutrüge, das er darin bey meinem gnedigsten churfürsten und herrn oder ire churf[ürstlicher] g[naden] gerichtszwang recht geben und nemen wölle etc.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite