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Der Augsburger Religionsfriede (25. September 1555)

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§ 16. [Schutz der Angehörigen des katholischen Glaubens] Auf der anderen Seite sollen die Stände, die der Augsburgischen Konfession anhängen, die Römische Kaiserliche Majestät, Uns und die Kurfürsten, Fürsten und die anderen Stände des Heiligen Reichs, die der alten Religion anhängen, geistlich und weltlich, mitsamt ihren Kapiteln und anderen geistlichen Ständen, auch unbeachtlich einer Verlegung ihrer Residenzen (doch mit der Bestellung der Dienste soll es so gehalten werden, wie hier unten in einem besonderen Artikel [§ 21] festgelegt), in gleicher Weise in ihrer Religion, ihrem Glauben, ihren Kirchengebräuchen, Ordnungen und Zeremonien, auch in ihrem beweglichen und unbeweglichen Hab und Gut, Land, ihren Leute, Herrschaften, Obrigkeiten, Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten, Renten, Zinsen und Zehnten unbeschwert bleiben und sie in Ruhe und Frieden gewähren lassen; auch mit Taten oder sonst in böser Absicht sollen sie nichts gegen dieselben unternehmen, sondern sich wechselseitig mit den Rechten, Ordnungen, Abschieden und errichteten Landfrieden des Heiligen Reiches begnügen, alles unter Fürstlichen Ehren, wahren Worten und unter Vermeidung der Strafen aus dem geschlossenen Landfrieden.

§ 17. [Ausschluß anderer Bekenntnisse] Jedoch sollen alle anderen außer den oben erwähnten beiden Religionen nicht von diesem Frieden erfaßt, sondern gänzlich ausgeschlossen sein.

§ 18. [Geistlicher Vorbehalt] Nachdem bei den Verhandlungen über diesen Frieden Streit darüber aufgetreten ist, was mit den Erzbistümern, Bistümern, Prälaturen [Sprengeln] und Benefizien der Geistlichen geschehen soll, die von der alten Religion abgefallen sind, und sich die beiden Religionsstände darüber nicht haben einigen können, haben Wir auf Grund der Uns von der Römischen Kaiserlichen Majestät erteilten Vollmacht folgendes erklärt und verkündet: Wo ein Erzbischof, Bischof, Prälat oder ein anderer Fürst geistlichen Standes von Unser alten Religion abfällt, verliert er mit sofortiger Wirkung sein Erzbistum, Bistum, Prälatur und andere Benefizien, und damit auch alle eventuellen Erträge und Einkünfte, jedoch ohne Nachteil für seine Ehre und sein Ansehen; die [geistlichen] Kapitel und diejenigen, denen das Erzbistum, Bistum etc. nach allgemeinem Recht oder dem Gewohnheitsrecht der Kirche oder des Stifts gehört, wählen eine Person, die der alten Religion angehört, als Nachfolger in das Amt, alles jedoch vorbehaltlich einer künftigen Christlichen, freundlichen und endgültigen Regelung der Religionen.

§ 19. [Aufgehobene geistliche Einrichtungen] Dieweil aber etliche Stände und deren Vorfahren etliche Stifte, Klöster und andere geistliche Güter eingezogen und dieselben als Kirchen, Schulen und andere gemeinnützige Einrichtungen genutzt haben, sollen auch diese eingezogenen Güter, welche denjenigen, die dem Reich ohne Mittel unterworfen und die Reichsstände sind, nicht gehören und in deren Besitz die Geistlichen zur Zeit des Passauer Vertrages [1552] oder danach nicht gewesen sind, von diesem Frieden mit umfaßt und einbezogen sein; im Hinblick auf die eingezogenen und verwendeten Güter soll es bei dem gegenwärtigen Zustand bleiben, und zur Erhaltung eines beständigen, ewigen Friedens sollen die betroffenen Stände nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Deshalb befehlen und gebieten Wir hiermit auf Grund dieses Abschieds dem Kaiserlich Majestätischen Kammerrichter und den Beisitzern, daß sie wegen dieser eingezogenen und verwendeten Güter keine Ladung und kein gerichtliches Verfahren anordnen sollen.

§ 20. [Suspendierung der bisherigen geistlichen Gerichtsbarkeit] Damit die Angehörigen der oben erwähnten beiden Religionen auch miteinander in beständigem Frieden und guter Sicherheit leben können, soll die geistliche Gerichtsbarkeit (jedoch unbeschadet der Gerichtsbarkeit der geistlichen Kurfürsten, Fürsten und Stände, Kollegien, Klöster und Ordensleute wegen ihrer Renten, Gülten [Steuern], Zinsen und Zehnten, weltlichen Lehenschaften und sonstigen Rechte) über die Angehörigen der Augsburgischen Konfession wegen ihrer Religion, ihres Glaubens, der Bestellung der Dienste, ihrer Kirchengebräuche, Ordnungen und Zeremonien, die sie eingerichtet haben oder noch einrichten werden, bis zu einem endgültigen Religionsausgleich nicht ausgeübt werden, sondern die Gerichtsbarkeit soll den Angehörigen der Augsburgischen Konfession wegen ihrer Religion, ihres Glaubens, ihrer Kirchengebräuche, Ordnungen, Zeremonien und der Bestellung der Dienste, nach Maßgabe des nachfolgenden besonderen Artikels, selbst überlassen bleiben, kein Hindernis soll dem entgegenstehen und bis zu einem endgültigen Christlichen Ausgleich der Religionen soll die geistliche Gerichtsbarkeit also ruhen, eingestellt und suspendiert sein und bleiben; aber in anderen Sachen und Fällen der Augsburgischen Konfession als der Religion, dem Glauben, den Kirchengebräuchen, Ordnungen, Zeremonien und der Bestellung der Dienste soll und mag die geistliche Gerichtsbarkeit durch die Erzbischöfe, Bischöfe und andere Prälaten, wie sie an einem jeden Ort überliefert und ausgeübt worden ist, weiterhin wie bisher ungehindert ausgeübt und angewendet werden. [ . . . ]

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