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Die Definition der Reformation – Der Reichstag zu Augsburg (1530)

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§ 36. Aus solchem allem nichts Guts, sonder mehr gefolgt, daß die andere gemeiner Kirchen herbrachte Ubung verachtet, alle Ober- und Erbarkeit in ihrem Predigen geschändet, gelästert, die frommen einfältigen Leut in und gegeneinander verhetzt: Auch sonst allerhand Leichtfertigkeit davon entstanden, die verführige, und hievor verworffene und verdammte Lehre überhand genommen, viel verführige Irrsal unter dem gemeinen Volck erwachsen, alle wahrhafftige Andacht verloschen, und zuletzt dahin gereicht, daß alle Christliche Ehr, Zucht, Tugend, Gebot, Gottsfurcht, Erbarkeit, und guter ehrlicher Wandel und Leben, auch die wahre Lieb des Nächsten gäntzlich in Abfall kommen.

§ 37. Und aber solches alles nicht allein dem H. Evangelio und Schrifft, sonder auch dem alten löblichen Herkommen und Gebrauch der Christlichen Kirchen und Ceremonien zuwider. [ . . . ] So haben Wir Uns [ . . . ] einträchtiglich vereiniget und beschlossen, daß obangezeigte, und alle andere, wider gemeiner Christlicher Kirchen Glauben, Ordnung, Religion, Ceremonien und alte löbliche Satzung, lang hergebrachten Gebrauch, so durch dieselbe gemeine Christliche Kirche, und vor etlichen hundert Jahren gehaltenen Concilia, verordnet, fürgenommen, Neuerung abgethan und cassirt seynd [ . . . ]

§ 38. Demnach gebieten, meynen und wollen Wir, daß in dem gantzen Römischen Reich festiglich gehalten, gelehrt und gepredigt werde, daß unter den Gestalten des Brods und Weins, und unter jeglichem derselben der wahre Leib und das wahre Blut Christi Unsers Heylmachers wesentlich und wahrhafftig gegenwärtig sey. [ . . . ] Aus dem erfolgt auch, daß die Christliche Kirch, aus Einsprechung des Heiligen Geistes, und guten Ursachen, heylsamlich geordnet und gebotten hat, daß einem jeglichen Christen-Menschen, ausserhalb dem Meß haltenden Consecranten, das Hochwürdig Sacrament allein unter der Gestalt des Brods gereicht werden soll: So doch unter einer Gestalt nicht mehr oder minder, dann unter zweyerley, genossen und empfangen wird. Wie Wir auch hiemit zu halten, und daß hierinn, biß zu Entscheidung künfftiges Concilii, keine Neuerung fürgenommen werden soll, gebotten haben wollen.

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§ 42. Dieweil auch die Bildnuß Christi, seiner lieben Mutter Mariä, und der lieben Heiligen, das Gemuth in den Vergeßlichen erinnern, männiglich zu Andacht bewegen, darzu in der gemeinen Christlichen Kirchen geduldet, und die Bildstürmer von gemeiner Christlichen Kirchen, hievor in etlichen Concilien, und sonderlich durch Unsern Vorfahren am Reich, Käyser Caroln den Ersten und Grossen, verdammt worden (4). Demnach gebieten Wir, daß die gedachte Bildnuß auch nicht abgethan, sonder andächtiglich von allen Christen-Menschen auffgericht und erhalten werden sollen. Desgleichen daß die Altar, Sacrament-Häusser, wo sie abgethan, wiederum auffgericht, und zu der Ehr GOttes erhalten werden.

§ 43. Ferner, als etliche halten, daß kein freyer Will sey, etc. Dieweil dann derselbe Irrthum mit seinem Anhang nicht menschlich, sonder mehr viehisch, und ein Gottslästerung ist, soll derselb auch nicht gehalten, gelehrt, noch gepredigt werden.

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§ 45. Und nachdem aus der H. Schrifft offenbar ist, daß der blosse Glaub allein, ohn Lieb und gute Werck nicht gerecht macht, auch GOtt die gute Werck an vielen Orten der Heil. Schrifft von den Menschen erfordert, soll der vorangeregte Artickel (daß der Glaub allein gerecht mache, und gute Werck verworffen werden sollen,) nicht gepredigt noch gelehrt, sondern damit die Bescheidenheit und Unterscheid gehalten werden, wie bißher die gemeine Christliche Kirche, und die Heil. Väter gehalten und gelehrt haben.

§ 46. Und sonderlich soll es mit den sieben Heil. Sacramenten und Ceremonien derselben allenthalben, wie in der Christlichen Kirchen von Alters herkommen, und vor dieser Zwyspaltung gebraucht worden ist, gehalten, und alle Neuerung abgestellt seyn.



(4) Das Konzil von Nikäa (787) hatte die Bilderverehrung erlaubt, Karl der Große ließ diesen Beschluß 794 durch die Synode von Frankfurt verwerfen.

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