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Die allgemeine Mobilisierung der katholischen Kirche – Das Konzil von Trient (1547-63)

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Kapitel 16: Die Frucht der Rechtfertigung: das Verdienst guter Werke und die Natur dieses Verdienstes

Darum also müssen den gerechtfertigten Menschen, sei es, daß sie die empfangene Gnade ständig bewahren oder die verlorene wiedererlangt haben, die Worte des Apostels vor Augen gestellt werden: „Seid überreich an jedem guten Werk und denkt daran, daß im Herrn eure Mühe nicht vergeblich ist.“ (33) „Denn Gott ist nicht so ungerecht, eure Mühe und Liebe zu vergessen, die ihr seinem Namen bewiesen habt.“ (34) Ferner: „Verliert nicht eure Zuversicht, die großen Lohn mit sich bringt.“ (35) Deshalb muß denen, die bis zum Ende | gut handeln (36) und auf Gott hoffen, das ewige Leben in Aussicht gestellt werden, sowohl als Gnade, die den Söhnen und Töchtern Gottes durch Christus Jesus barmherzig verheißen wurde, als auch als Lohn, der nach Gottes eigener Verheißung für ihre guten Werke und Verdienste getreu bezahlt werden muß. Denn dies ist jene Krone der Gerechtigkeit, von der der Apostel sagt, sie sei für ihn nach seinem Kampf und Lauf vom gerechten Richter zurückgelegt, damit sie ihm verliehen werde, aber nicht nur ihm, sondern auch allen, die seine Ankunft lieben. (37) Denn Christus Jesus selbst läßt beständig seine Kraft in die Gerechtfertigten einströmen wie das Haupt in die Glieder und wie der Weinstock in die Rebzweige (38) eine Kraft, die ihren guten Werken immer vorausgeht, sie begleitet und ihnen nachfolgt und ohne die sie auf keine Weise Gott gefällig und verdienstvoll sein könnten. Deshalb muß man glauben: Den Gerechtfertigten fehlt nichts mehr. Sie sollen so eingeschätzt werden, daß sie mit jenen Werken, die in Gott getan wurden (39), entsprechend dem göttlichen Gesetz, wie es dem Zustand dieses Lebens entspricht, völlig Genüge geleistet und wahrhaft verdient haben, zu gegebener Zeit – wenn sie nur in der Gnade dahingeschieden sind (40) – auch das ewige Leben zu erlangen. Denn Christus, unser Erlöser, sagt: „Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern es wird in ihm zur sprudelnden Quelle, deren Wasser ewiges Leben schenkt.“ (41) So wird weder unsere eigene Gerechtigkeit errichtet, als sei sie eine eigene aus uns (42), noch wird die Gerechtigkeit Gottes verkannt oder zurückgewiesen. (43) Denn die Gerechtigkeit, die unsere Gerechtigkeit genannt wird, weil wir durch sie, die in uns ist, gerechtfertigt werden, ist die Gerechtigkeit Gottes, weil sie uns durch Christi Verdienst von Gott eingegossen wird. Aber auch folgendes darf nicht unbeachtet bleiben: Wenn auch den guten Werken in den Heiligen Schriften so hohe Bedeutung beigemessen wird, daß Christus dem, der einem seiner Geringsten auch nur einen Trunk frischen Wassers gegeben hat, verspricht, er werde nicht um seinen Lohn kommen (44), und der Apostel bezeugt: „Die kleine Last unserer gegenwärtigen Not schafft uns in maßlosem Übermaß ein ewiges Gewicht an Herrlichkeit“ (45), so sei es dennoch fern, daß ein Christenmensch auf sich selbst vertraue oder sich in sich selbst rühme und nicht im Herrn (46), dessen Güte gegen alle Menschen so groß ist, daß nach seinem Willen ihre Verdienste seien, was seine Gaben sind. Und weil „wir alle in vielen Dingen fehlen“ (47), muß ein jeder ebenso Barmherzigkeit und Güte wie auch Strenge und Gericht vor Augen haben, und keiner darf über sich selbst urteilen, auch wenn er sich keiner Schuld bewußt ist; (48) denn das gesamte Leben der Menschen darf nicht mit menschlichem Urteil geprüft und beurteilt werden, sondern mit dem Gottes, „der das im Dunkel Verborgene ans Licht bringen und die Pläne der Herzen offenbar machen wird; dann wird jedem sein Lob zuteil von Gott“ (49), der, wie geschrieben steht, „einem jeden nach seinen Werken vergelten wird“ (50).

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(33) 1 Kor 15,58.
(34) Hebr 6,10.
(35) Hebr 10,35.
(36) Mt 10,22.
(37) Vgl. 2 Tim 4,7.8.
(38) Vgl. Joh 15,1 ff.
(39) Vgl. Joh 3,21.
(40) Vgl. Offb 14,13.
(41) Joh 4,13.14.
(42) Vgl. 2 Kor 3,5.
(43) Vgl. Röm 10,3.
(44) Vgl. Mt 10,42; Mk 9,41.
(45) 2 Kor 4,17.
(46) Vgl. 1 Kor 1,31; 2 Kor 10,17 (Jer 9,23).
(47) Jak 3,2.
(48) Vgl. 1 Kor 4,3.4.
(49) 1 Kor 4,5.
(50) Mt 16,27; Röm 2,6; Offb 22,12.

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