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Verteidigung des Frauenklosters – Straßburger Dominikanerinnen (1526)

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[3v] O waß für ein grosse betriebnus waß dises der priorin vnd allen ihren lieben geistlichen kindern. Ihr hertz möcht innen vor leid zergehn, dan innen die verrkörte predig, ein pinnliches leiden wahren anzuhören, welches gewähret vom heilligen Palmtag biß auff S. Joann deß däuffers (3), daß er alle wuchen dreÿ mahl seinen bößen sommen auß geseÿet, hat doch beÿ allen keinnen auffgang können sehen. Zum beschluß seinner predig datte er innen alle zeit scharff vnd streng zu reden. Wann sÿe seiner lehr vnd predig nich[t] annemben, solle ihre closter verstöhret vndt zu hauffen gerissen werdten, solte innen ihr härtz im leib darüber zerbrächen.

Die priorin ließ heimlichen vill gebett zu Gott verrichten, sÿ datten auch an keÿßer vnd general (4) schreiben, wie der beriembte pater Martini Butzeri so gar ein verkörter man, waß wordten sÿ hofften auch täglichen einer tröstlicher antwordt. Vnder deßen fragt er die priorin vnd ihre closterfrauwen, wie innen seine predig gefallen vnd ob sÿ noch inn ihrer hartnächigkeit wohlten verharren, so sich doch dißen vergangen monat sich über 30 doctores zum wahren glauben bekört haben. Da sprach die priorin, daß mag sein, dan es ist ein gemein sprich wordt wie gelerter wie verkörter (5), vnd selten thuot ein grosser weißer redner ein kleine dorheit (6). Wir wöllen beÿ dem bleiben, waß mir (7) von vnßern lieben alten gelehret, deßen wegen wohle er mit predigen sich [4r] nit lenger mer beÿ vnß bemiehen. Auff diße red wardt docter Butzeri zor[n]ig. Sprach, ihr verblente nunen ihr sollen nicht alles glauben, waß die grobe Bockh priorin sag. Ich will sÿ springen machen, ihr solt wißen, daß ich vom General großen gewalt haben.

Da sprach die priorin, ich förchte mich vor dem nicht. Wiste, wann wie eß mit eich bestölt ist, würde der gewalt bald auff gehäbt sein. Docter Butzeri: warumb daß, weillen ihr nicht mer ein vatter der geistlichkeit vnd leßmeister der wahrheit? Deß wegen erkännen wir eich nicht mer vor vnßere öberigkeit vndt ist mir ein sonders hertzen leid, eÿwer vnbesunnheit. Dan durch die grosse freÿheit, bringen ihr vnßer schw[e]stern clöster hie in alle ungeistlichkeit. Wie kann man eich für ein guten hirtten halten, dan ihr bringen ja vill geistlich kinder in daß verderben. Ach, wie wirdt eich einmahl eüwer handel so übel gereüwen. Auß schwesterlicher liebe kann ich mich nicht endthalten, eÿwer verkörter wandel mit bittern zehren, auß hertzen zu beweinen.

Da wahre Docter Butzeri zornig über die priorin. Sprach, du boße vnholdin darff wegen meiner nicht zennen, verbößheit können ihr mein gütigkeit nicht zu gemiet nemben, wie getraÿw (8) vndt gut. Ich eß mit eich meine, dan ich begehr eüch zu helffen, daß ihr mit keinner beschwerte sollen gebunden seinn.

[4v] Die priorin sprach vns alle: was mir einmahl Christo, vnßerm himmellischen Bräutigamb, versprochen haben, freÿ vnd glauben zu halt, daß kommet vnß vmb der liebe Frau willen nicht schwer ann, so haben mir auch kein zweiffel dardurch, daß ewige sig kräntzlin zu erlagen, weillen der göttliche mund sellig gesprochen die, welche biß in ihr endt verharen.

Doctor Butzeri: ihr seint gantz daub vnd dorrecht. Hätten ihr gemärckht auff mein predig, so würdten ihr genugsamm gehört haben, daß Gott den nunen standt gar nit ein gesetz hatt. Hiemit dun er allen befellen, morgen samenlichen nach S. Marx zu kommen, da wohle er innen lassen ein gut mahlzeit geben vnd dar nach die heillige schrifft recht erclären vnd innen den von Gott ein gesetzen ehstandt woh ihren sellen zu trost außlegen.

Die priorin sahe ihr closterfrauwen kläglichen ann, damahlen ihren 46 beÿsamen in der conuentstuben wahren.

Da sprach Doctor Butzeri, die alte Bockhin hat eich gewunckhen, daß ihr mein befelch nicht thun sollen. Sÿ sprachen alle neÿ, da währ er gar zornig vnd sprach, sÿ solten fürhin kein priorin haben, vnd solle vnder den geweilten sein, eine wie die ander, daß ein jede möge leben nach ihrem gefallen. Ab dißer red wahren alle closterfrauwen ser betriebt. Sÿ sprachen, daß sÿ solchen befelch [5r] durch auß nicht annemben wohlten, erstlichen, sÿen sÿ so zu friden vnd beniegen sich mit deß closters speißen, verlangen keines gastmahls in frember schwestern haüser. Vnd sÿ verstöhn schon daß wahre wordt gottes so vill, daß für sÿ einfältige closterfrauwen genug ist. Auch haben sÿ vmb der lieb gottes ihren eigen willen auffgeben, den wöllen sÿ nimer an sich nemben, sonder werden alle zeit schwester Vrsula Bockhin für ihr mutterpriorin erkännen.



(3) 01.04 bis 24.06.1526.
(4) General des Predigerordens.
(5) "Die Gelehrten, die Verkehrten.“
(6) Nicht identifiziert.
(7) mir = wir.
(8) getreu.

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