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Protestanten gegen Radikale – Ein Lutheraner verteidigt die Rechte des Herrschers in geistlichen Angelegenheiten (1530)

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Nun, sovil der apostel handlung betrift, ists war, das sie ein frevel wider die oberkait begangen haben. Es ist aber nit ein igklicher frevel sundtlich und strefflich. Gleich wie Mose und Phineas auch todtschleg begangen haben [2 Mos 2, 12; 4 Mos 25, 7 f.], sie seyen aber inen unstrefflich, also ist der apostel frevel kein sund gewesen, dieweyl sie von Got dartzu beruffen warn, und kundten auch irn beruff mit wunderwercken als mit briff und sigel baid, vor Juden und haiden, offenlich bezeugen und bewern. Wan sich nu ytz ein rottirung oder predingampt ausserthalb der gemeinen ordnung wider das verbot der oberkait irgens in einem flecken erhept und wolle irs frevels recht haben, so seyen sie schuldig, dasselb mit offenlichen wunderwercken zu bewern. Thun sie dasselb nit, so hat man fug, irn frevel fur sundtlich und strefflich zu urtailn.

Spricht man aber einmal: Ja, mit diser weys begingen auch die euangelischen prediger ein frevel, dieweyl sie ir ler mit keim wunderwerck bestetigen. Antwort: Ich rede ytz nichts von der lere, die ste fur sein werdt, sonder von dem offenlichen lerampt und offenlicher oder haimlicher rotirung. Nun werden die euangelische prediger ordenlich von der oberkait beruffen und treyben irn beruff und ampt an denen orten, dahin sie von der oberkait bescheiden sein und da ein weltlich oberkait ein versamlung zulaßt, darumb kan man sie keins frevels beschuldigen, so bedurffen sie auch keiner wunderwerck dartzu, dieweyl sie in ir ampt ordenlich eintretten. Daruff mussen sie aber acht haben, das sie irer lere grund und ursach antzaigen kunden. Gleich wie ein weltlicher amptman, von einer oberkait zu einem weltlichen ampt verordnet, bedarff nun des beruffs seins ampts kein rechenschaft thun, dan er ist ordenlich dartzu beruffen worden – und das waißt die oberkait –, aber der werck seins ampts muß er rechenschaft thon. Also ists mit einem prediger, so ordenlich von der oberkait beruffen ist.

Der aber nit ordenlich das predingampt angetreten ist, der muß nit allein seiner ler rechenschaft geben, sonder auch seins beruffs. Kan er das nit, so bestet er mit frevel. Und zwar, man solt wol vor diser zeyt gnugsam erfarn haben, das unordenlich predig, ob sie schon mit der warhait vermischt gewesen, nichts guts geschaffen haben. Es fingen baid, bawern und gelerten, zu zeytten unberuffen und unverordnet an zu predigen, da fing sich auch darmit das spil der bewerischen aufrur an.

Und dißes bekent auch derjhenig in der andern verzeichnus, so er spricht: So ein prediger unbestelt an einem ort aufsten und predigen wolt, darin solt die oberkait frid machen etc. So nu ytz an einem ort nit widertauffer seyen, haben auch keinen prediger, sonder werden allererst auß etlichen burgern des glaubens der widerteuffer und erweln under in einen prediger, wer wolt sagen, das diser prediger ordenlich beruffen were? Haben doch die sonderlichen burger oder underthonen kein gewalt, ein prediger zu erweln; oder haben sie des gewalt, so ists billich, das sie iren gewalt beweysen. So sie aber irn gewalt nit mogen offenlich bewern, solt nit ein ordenliche oberkait macht haben, dem frevel zu wern? Hat sie doch macht, wo kein zunfft nit ist, das sie auch kein zunfft laß aufkomen, und wolt nit macht haben, das sie kein newe rotirung des glaubens in irem gebiet ließ auffkomen?

Ich hor wol, wan sich also begebe, das ein gantze nachbaurschaft, in einer sonderlichen gassen in einer stat wonend, ytz cristen wern und uber acht tag wurde dieselb nachbawrschafft, in einer eintzeligen gassen sitzend, all miteinander zu Juden und liessen sich nach judischer art beschneiden, so must die oberkait schuldig sein, inen ein aigen sinagog zu bawen zulaßen und inen aller ding nach dem gesatz Mosi zu thun vergonnen. Wer wolt so unsinnig sein und einer oberkait solichs raten?

Es ist ein ander ding, wo ein oberkait von den underthon, die zweyerlai oder dreyerlai glaubens seyen, dergestalt angenomen und verordnet wurt, das sie ein igklichen by seins glaubens empter pleyben wol lassen, wie die Romer von den Juden und Verdinandus von den Behemen, wie man sagt, angenomen seyen.* Es verhieß auch Josue den Gibeonitern sicherhait und must es inen halten [Jos 9], wiewol sunst gebotten war, das die Israelliten alle fremds glaubens in dem land Chanaan außtilcken solten. Aber ein new sect oder lerampt in ir gebiet eintzutredten laßen, mag es die oberkait auß ursachen wol thon, wie vileicht die Wormßer und Frankfurter billich ursach haben, das by inen die Juden einkomen sein. Das sie aber ampts halber dartzu zwungen und getrungen sein sol, kan ich auß kainer ursach befinden etc.


* 1526 war Erzherzog Ferdinand aufgrund von Zugeständnissen an die böhmischen Stände König von Böhmen geworden.

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