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Protestanten gegen Radikale – Ein Lutheraner verteidigt die Rechte des Herrschers in geistlichen Angelegenheiten (1530)

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Darnach wurt solichs auch bewert auß dem Newen Testament, nemlich auß Sant Pauls 1. Timo. 2. [1. 2]: Ich ermane, sagt Paulus, das man vor allen furbit thue fur die konig und all oberkait, auff das wir ein geruwig und stils leben furn. Sihe zu, das der oberkait zustet, ein geruwigs und stils leben under den cristen zu erhalten. Nun ist nichtz, das die cristen unruwiger und unstiller macht, dan so under inen falsch lerer und aigen secten entsten. Ich hor wol, wan sich zwen miteinander zanckten und haderten umb eins heller werts, die oberkait solt sich darin slahen und dargegen, wan sie sich auff offenlicher cantzel miteinander balckten von des glaubens wegen und bliben nit allein by irer personlich unainikait, sonder erweckten auch under dem kirchenvolck ein unruw und verwirung, ein oberkait solt sich nit darin legen und durch bequemlich untyranisch mitel frid verschaffen. Es ist war, ein weltlich oberkait kan sich nit darin legen als richter der leren, sie sol sich aber darin legen als richter des unfridens und unainikait, dieweyl irm ampt geburt, ein geruwigs und stils leben by den underthonen zu erhalten.

Weyter wurt auch solichs auß des, so die verzeichnus gestelt hat, eigen worten bewert, dan er schreibt also: „Der weltlichen oberkait ist bevolhen, eusserlichen frevel, als den sie in worten oder wercken erkent, zu straffen etc.“ Ist aber das nit ein eusserlicher frevel, wan ytz zehen oder zwentzig burger in einer stat (da sonst tausent oder zweytaussent wonen) sich fridlich mit der kirchen halten und lassen sich des predigers, so ordenlich von irer oberkait bestelt ist, benugen. Aber darnach uber vier oder sechs wochen sondern sie sich ab und wollen ein eigin versamlung aufrichten, ja auch wider die ordnung irer oberkait ein new predingampt anfahen. Gefelt inen der prediger, so von der oberkait ordenlich beruffen ist, nicht, so mogen sie doch glauben, was sie wollen oder dahinziehen. Aber zu dem aigen erwelten glauben auch ein newe rotirung und predingampt in einem flecken, der inen zu regirn nit bevolhen, darin sie nichts offenlich zu schalten noch zu walten haben, antzurichten, das ist ein offenlicher frevel. Und wann sich ein oberkait darin schlecht, so kan man sie nit beschuldigen, das sie den glauben wol maistern. Es glaube und bekenn fur sich selbs ein igklicher, was er wol, das get freylich ein weltlichen magistrat nichts an, aber das get in an, wan man ein rotirung oder newe predigampt wider ir erlaubnus auffricht.

Auff disses felt ein inred zu, das man mocht sprechen: Mit diser weys musten die appostel auch nit ehe gepredigt haben, dan biß sie von der oberkait dartzu beruffen worden wern oder desselben erlaupnus gehapt hetten. Nun aber so sie on erfordrung, ja auch offt wider das verbot der oberkait predigt, so musten sie voriger red nach unrecht gethon haben. Antwort: Es ist gewiß, das die apostel wider die ordnung der oberkait gethon haben, und ist darin weder frag noch zweyfel. Aber darin bestet die frag, ob sie in der handlung, in welcher sie wider die ordnung der oberkait gethon, ein strefflichen frevel begangen haben. Zwar wan man es nach dem eusserlichen ansehen urtailn wil, so ists ein frevel, und hat der haidnischen oder judischen oberkait irem haidnischen oder judischen glauben nach geburt, ein einsehen darein zu haben. Ich sag nit, das ir geburt hab, ein haidnischen oder judischen glauben zu haben. Ja es het ir vor allen dingen geburt, dem rechten nachzuforschen, denselben zu erlernen und im antzuhangen. Aber dieweyl sie ye des judischen oder haidnischen glaubens gewesen sein, so haben sie wol nit recht gethon. Aber irm glauben nach haben sie trewlich und weyßlich gehandelt, wan sie der newen rodtirung und predigampt, wider irn glauben angericht, begegnet seyen. Und ich achts fur ein tolle, unfursichtige oberkait, sie sey wes glaubens sie wol, die auß unachtsamkait new versamlung by irn underthonen wider irn glauben auffkomen laßt. Wolt sie aber recht und dartzu fursichtiglich handeln, so must sie zuvor des rechten glaubens warnemen und darnach, sovil irm ampt geburlich, denselben furdern und by friden erhalten.

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