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Ulrich Scheuner, Bemerkungen zum rechtlichen Status der „Displaced Persons” in Deutschland (14./15. Dezember 1948)

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4. Ganz undenkbar ist es, daß etwa den DP der gleiche Status wie den in Deutschland lebenden fremden Gruppen gegeben werden könnte. Nach dem Potsdamer Abkommen kann eine Lebensberechtigung slowenischer Gruppen in Deutschland nur mit Vorbehalt überhaupt anerkannt werden. Hier müßte mindestens, hält man die Austreibung der Deutschen aufrecht, die Idee des Bevölkerungsaustausches ins Auge gefaßt und die Abwanderung jedenfalls irredentistischer Gruppen ins Auge gefaßt werden. Die dänische Gruppe in Südschleswig, die ebenfalls als irredentistisch bezeichnet werden kann, steht auf einem ganz anderen Boden. Sie mit den DP in eine Kategorie zu stellen, erscheint nicht berechtigt.

Den Deutschen im Ausland aber kann eine solche Politik in Deutschland gewiß nicht helfen. Für sie einen Sonderstatus anzustreben, bedeutet bei der heutigen Nervosität aller Staaten gegenüber fünften Kolonnen usw. gerade bei deutschen, diesen Gruppen den Lebensfaden abzuschneiden. Für deutsche Arbeitskräfte im Ausland kommt nur zweierlei in Betracht: Entweder Gaststatus als Ausländer oder Einschmelzung als Einwanderer mit dem Endziel Einbürgerung. Alles andere, Ideen von Erhaltung des deutschen Zusammenhangs sind in der heutigen völligen Ablehnung solcher deutscher „Auslandsarbeit“ in aller Welt gänzlich unmögliche Vorstellungen. Die Saardeutschen hier anzuführen, ist ein Irrtum. Sie sind formell noch nicht Franzosen, auch niemals eine Minderheit, da das Gebiet rein deutsch ist.

Ein Wiederaufbau des Minderheitsrechts muß von ganz neuen, hier nicht näher darzulegenden Ideen ausgehen. Mit ihnen haben aber die DP nichts zu tun.

5. Für die Einschmelzung der DP in einen Dauerzustand in Deutschland wäre Voraussetzung, daß sie selbst dies wünschen. Das betrifft vor allem die arbeitsmäßige Eingliederung. Soweit diese abgelehnt wird, was bei einem Teil der DP in Betracht kommt, dürften wenig Fortschritte möglich sein. Ebenso wäre Voraussetzung für eine Unterstellung unter deutsche Behörden, daß auch die politische Tätigkeit der DP neutral wird. Es kann jetzt, da die DP ausschließlich von der Besatzung abhängen, gleich sein, ob sie antirussische Propaganda treiben. Nach Einfügung in deutsche Zusammenhänge ist das nicht mehr möglich.

6. Die Lösung für die DP scheint eher in folgender Richtung zu liegen: Solange die all. Besatzung andauert, Anlehnung an diese. Dabei Erweiterung der deutschen Zuständigkeiten, über sie in allmählicher Anpassung: polizeiliche, gerichtliche Zuständigkeit. Bei einem Abzug der Besatzung Abschluß eines Garantieabkommens mit den Besatzungsmächten, wobei eine Einschaltung der IRO als Aufsicht über die Einhaltung der vereinbarten Schutzbestimmungen angemessen erscheint. Abgesehen von diesen Garantien aber müßte dann volle Unterstellung unter die deutsche Gerichtsbarkeit und Verwaltungshoheit erfolgen. Die Begründung eines Status der Exterritorialität bzw. Exemtion von deutscher Hoheit für Ausländer in Deutschland erscheint auf die Dauer mit der deutschen Staatlichkeit nicht vereinbar. Eine Garantie der Rechte der DP wäre durch die ungehinderte Tätigkeit der IRO in Deutschland in genügendem Maße gegeben. Daneben besteht für eine Beschwerde an internationale Instanzen kein Bedürfnis, da die Garantiemächte, mit denen jenes Abkommen zu schließen wäre, jederzeit diplomatisch intervenieren können bzw. bei dem deutschen Status sogar noch andere Interventionsmöglichkeiten zugunsten der DP jederzeit haben.

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