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OMGUS-Umfragen: Trends in der deutschen öffentlichen Meinung (1945-47)

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Nürnberger Prozesse. Eine starke Mehrheit von etwa acht von zehn Personen hielt die Durchführung der Prozesse für gerecht. Die Lektüre von Zeitungsberichten über die Prozesse sank von einem Höchststand von acht von zehn Personen im Januar 1946 auf 65 Prozent im März, und stieg dann einen Tag nach der Veröffentlichung der Urteile wieder auf die ursprüngliche Zahl an. Während der Prozesse sank das Vertrauen in die Vollständigkeit und Vertrauenswürdigkeit der Zeitungsberichte; doch selbst auf dem niedrigsten Niveau waren sieben von zehn Personenen mit der Integrität und dem Detailreichtum der Berichte zufrieden.

Medien. Die Zahl der regelmäßigen Zeitungsleser unter der AMZON-Wohnbevölkerung sank zwischen Januar und Oktober 1946 um 13 Prozentpunkte auf 63 Prozent. Drei zwischen Januar und Dezember 1946 durchgeführte Erhebungen zeigten, dass knapp über die Hälfte der Bevölkerung Radio hörte.

Politik. Das behauptete politische Interesse stieg zwischen Oktober 1945 und Juni 1946 schrittweise an und fiel dann nach dem Abschluss der allgemeinen Wahlen stark ab. Der Anteil der Menschen, die politische Versammlungen für sinnvoll hielten, stieg zwischen November 1945 und März 1946 von 60 auf 72 Prozent. Bis Mitte des Sommers 1946 hatte die CDU/CSU in der amerikanischen Zone mit 40 Prozent die meisten Mitglieder oder Anhänger zu verzeichnen, gefolgt von der SPD, der 30 Prozent den Vorzug gaben. Spätere Untersuchungen zeigten, dass die SPD zwar nicht substantiell zulegte, die CDU/CSU aber etwa zehn Prozent ihrer Anhängerschaft verlor, von denen die meisten keiner Partei mehr den Vorzug geben wollten. Weniger als einer von zehn unterstützte die LDP/DVP, zwischen zwei und drei Prozent bevorzugten die KPD. In Bayern war die CSU (ca. 40 Prozent) die führende Partei; an die zweite Stelle kam die SPD, für die sich etwa drei von zehn aussprachen; etwa ein Viertel gab keiner Partei den Vorzug; KPD und LDP konnten je etwa fünf Prozent der Bevölkerung für sich gewinnen; und drei bis vier Prozent unterstützten die WAV. In Berlin verbesserte sich die SPD von einem Tiefststand von 36 Prozent im Frühjahr 1946 auf 68 Prozent im Dezember 1946; weniger als zwei von zehn bevorzugten die CDU; und sehr wenige Menschen gaben keine Parteipräferenz an.

Neuorientierung. Obwohl etwa 35 Prozent der Bevölkerung die Besatzung für eine Demütigung hielten, sahen etwa 55 Prozent dies nicht so. Im Verlauf von elf zwischen November 1945 und Dezember 1946 durchgeführten Erhebungen war ein Schnitt von 47 Prozent der Bevölkerung der Meinung, der Nationalsozialismus sei eine gute Idee gewesen, die nur schlecht umgesetzt wurde; 41 Prozent hielten ihn für eine schlechte Idee; 12 Prozent hatten keine Meinung. Der Prozentsatz, der mit dem Entnazifizierungsprozess zufrieden war, sank von 57 Prozent im März 1946 auf 34 Prozent im Dezember. Der Anteil der deutschen Bevölkerung, der weder den Kommunismus noch den Nationalsozialismus befürwortete, stieg zwischen November 1945 und November 1946 von 22 auf 66 Prozent. Die Zahl der Anhänger des Kommunismus ging zurück, die Anhänger des Nationalsozialismus blieben konstant, während die Zahl jener, die keine Meinung hatten, merklich sank. Etwa sieben von zehn hielten die Deutschen nicht für den Krieg verantwortlich. Annähernd eine von drei Personen machten sich Sorgen um Gerüchte, und das am häufigsten vernommene Gerücht war ein bevorstehender Krieg mit der Sowjetunion. Nur die Hälfte der Befragten gab an, sich über politische Ereignisse ausreichend informiert zu fühlen. Eine Mehrheit der Bewohner der amerikanischen Zone war der Meinung, der Wiederaufbau Deutschlands sei am besten durch „harte Arbeit“ zu erreichen. Zwischen zehn und 15 Prozent hofften auf einen neuen starken Führer und/oder die Wiedergeburt der alten nationalen Gesinnung.



Quelle: A. J. und R. L. Merritt, Public Opinion in Occupied Germany, The OMGUS Surveys. Urbana, IL, 1970, ff. 160-63.

Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche: Erica Fisher

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