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Das Politbüro des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands: Bericht der Kommission zu Fragen der Republikflucht (25. Juni 1956)

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Es sind folgende Maßnahmen erforderlich:

1. Da die Organisierung der Republikflucht „ein Mittel zur Aufrechterhaltung und Weiterführung des kalten Krieges“ ist, ist es notwendig, daß der gesamte Staatsapparat und alle gesellschaftlichen Organisationen nach einem einheitlichen Plan im Kampf gegen die Republikflucht einbezogen werden. Es ist erforderlich, daß sowohl im Block wie im Präsidium des Nationalrates über diese Frage interne Beratungen durchgeführt werden;

2. Es ist unbedingt zu sichern - bei Festlegung der persönlichen Verantwortung -, daß bei der Herausgabe von Anordnungen, Anweisungen durch die Organe die politischen Auswirkungen jeder Maßnahme erwogen werden und jede Maßnahme den entsprechenden Berufsgruppen gründlich und verständlich erläutert wird. Dabei ist die Methode, die beabsichtigten Maßnahmen vorher mit den Betreffenden zu beraten, so weit wie irgend möglich anzuwenden;

3. In allen Tätigkeitsbereichen des Staats- und Wirtschaftsapparates wie auch in den gesellschaftlichen Organisationen ist ein energischer Kampf zu führen gegen Bürokratismus, seelenloses Verhalten und gegen die Methode des Kommandierens. Es wäre zweckmäßig, aus erzieherischen Gründen die Frage des Verhaltens von Staats- und Wirtschaftsfunktionären zur Bevölkerung in Form von Seminaren und regelmäßigen Aussprachen zu behandeln;

4. Es muß für alle Funktionäre des Staatsapparates wie der gesellschaftlichen Organisationen zur Richtschnur gemacht werden, daß in der Aussprache mit der Bevölkerung die Unduldsamkeit gegenüber unklaren oder auch falschen Auffassungen, sofern sie nicht einer feindlichen Einstellung entspringen, überwunden wird.

Die geduldige Überzeugungsarbeit bei prinzipieller Darlegung unseres Standpunktes muß die Hauptmethode der Erziehung der Mitarbeiter in den Verwaltungen wie auch der politischen Arbeit in allen Bevölkerungsschichten sein;

5. Bei der Übertragung gesellschaftspolitischer Aufgaben ist alles zu beseitigen, was als eine Methode des Zwanges empfunden wird. Es ist darauf hinzuwirken, daß die gesellschaftlichen Aufgaben im Zuge der Überzeugung und der Freiwilligkeit durchgeführt werden und dabei das Milieu, die Denkweise und die Möglichkeiten jedes einzelnen Berücksichtigung finden;

6. Es ist zweckmäßig und erforderlich, den Beratungen der gewählten Körperschaften (Bezirkstage, Kreistage, Gemeindevertretungen) mehr Gewicht in der Öffentlichkeit zu geben durch Einladung bestimmter Berufsschichten bei der Behandlung dieser oder jener Frage, durch größere Publizität in Presse und Rundfunk, durch eine lebendigere Aussprache in den Beratungen, indem auch Anfragen aus der Öffentlichkeit und einzelner Abgeordneter gestellt und beantwortet werden. Es ist erforderlich, daß neben den bestimmt festgelegten Sprechstunden der Abgeordneten zugleich die Abgeordneten Beratungen durchführen, die im Zusammenhang stehen mit der Erörterung verschiedener Fragen einzelner Bevölkerungsschichten, vornehmlich mit solchen Fragen, die im Zusammenhang stehen mit der Planerfüllung auf den verschiedensten Gebieten;

7. Den Vorsitzenden der Räte der Bezirke und Kreise sind Rechte zu übertragen, die gewährleisten, daß zurückgekehrte Republikflüchtige auch arbeitsmäßig untergebracht werden;

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