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Die königliche Krönung Maximilians (9. April 1486)

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Nach den Segensgebeten richteten sie den König auf die Knie auf, entblößten seine Schulter, die Brust und die Armbeugen. Der König saß andächtig und mit gefalteten Händen da. Der Erzbischof von Köln salbte ihn auf dem Haupt, auf der Brust, zwischen den Schulterblättern und an den beiden Schulterbeugen mit Katechumenenöl; dann salbte er auch noch die Innenseite der Hände, wobei er Gebete sprach [ . . . ]. Der Klerus sang inzwischen: „Der Herr hat dich gesalbt.“ Hierauf wurde der König von den Erzbischöfen sofort in die Sakristei geführt, und die Ältesten des Domkapitels wischten ihm mit reinster Wolle die gesalbten Stellen ab. Hierauf zogen ihm die Herren des Domkapitels die Schuhe und die Alba an, ebenso die Stola kreuzweise über die Brust. Der König kehrte vor den Altar zurück, wo er sich in Kreuzesform niederwarf, worauf der Erzbischof von Köln ein Segensgebet sprach [ . . . ].

Nach diesen Segensgebeten wurde der Römische König durch die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln mit einem Mantel bekleidet; sie überreichten ihm zugleich das bloße Schwert des heiligen Karl, wobei der Erzbischof von Köln ein Gebet sprach [ . . . ]. Hierauf steckten sie das bloße Schwert in die Scheide und umgürteten den König damit. Dann übergab ihm der Erzbischof von Köln die Armspangen, das Pallium und den Königsring [ . . . ], hierauf das Zepter und den Reichsapfel [ . . . ]. Nachdem dies geschehen, setzten alle drei Erzbischöfe, der Kölner, der Mainzer und der Trierer, dem König zugleich die Krone des heiligen Karl auf das Haupt, wobei sie ein Gebet sprachen [ . . . ]. Hierauf wurde der König durch die Erzbischöfe von Mainz und Trier an den Altar geführt; dort legte er beide Hände auf den Altar und gab in der Volkssprache folgendes Versprechen: „Ich bekenne vor Gott und seinen Engeln, fortan Gesetze, Gerechtigkeit und Frieden der heiligen Kirche Gottes zu wahren, dem mir untertänigen Volk zu nützen und Gerechtigkeit zu üben, die Rechte des Reiches zu wahren, unter Rücksicht auf die göttliche Barmherzigkeit, wie ich dies mit Rat der Fürsten und Getreuen des Reiches und meiner Freunde am besten kann. Dem allerheiligsten Römischen Papst, der Römischen Kirche, den übrigen Bischöfen und Kirchen Gottes will ich ihre kirchenrechtliche Ehre erweisen; das was Kaiser und Könige den Kirchen und geistlichen Personen übertragen haben, will ich unverletzt halten und erhalten lassen; den Äbten und Orden als Vasallen des Reiches will ich die gebührende Ehre entgegenbringen, soweit mir unser Herr Jesus Christus Hilfe, Kraft und Würde verleiht.“

Nach dieser Eidesleistung wurde der König durch die Erzbischöfe von Mainz und Trier zu seinem Thron oder Königsstuhl geführt, der sich oberhalb, über dem hohen Münster vor dem Altar der Apostel Simon und Judas befindet [ . . . ]. Der Erzbischof von Köln mit seinem Gefolge und mit den anderen Fürsten folgte dem König; sie setzten ihn auf den steinernen Königsstuhl des heiligen Karl, wobei der Kölner folgendes Gebet sprach: [ . . . ]. Als der König so auf dem Königsstuhl saß, traten diejenigen heran, welche in die Ritterschaft aufgenommen werden wollten. Der König zog das Schwert des heiligen Karl aus der Scheide und hielt es in seiner Hand. Als erster trat heran Kurfürst Philipp Pfalzgraf bei Rhein, dann Kurfürst Herzog Ernst von Sachsen, dann der Herzog von Jülich, Herzog Kaspar von Bayern und Graf in Veldenz, Herzog Karl von Geldern, der Markgraf [Christoph] von Baden, Landgraf Wilhelm von Hessen in Kassel und Wilhelm von Egmont mit vielen anderen; im ganzen wurden etwa 200 oder mehr zu Rittern geschlagen, wobei Posaunenmusik ertönte. Hierauf stieg man wieder hinunter an den alten Platz des Chores, wo das Te Deum gesungen wurde [ . . . ].

Darauf ging der Römische König mit dem Zepter in der Hand zum Opfer und brachte einige Goldstücke dar [ . . . ]. Dann kamen die Domkapitulare der Aachener Kirche und nahmen den Römischen König als ihren Kanoniker auf; er leistete ihnen den Eid für die zugehörige Kirchenpfründe. Sie wiesen ihm seinen Platz im Chor an. Er übergab die Statuten und den Zulassungswein entsprechend dem Brauch dieser Kirche. Er unterhält zwei Vikare an diesem Ort, welche die ganze Pfründe innehaben und seinen Platz in der Kirche ausfüllen. So ging die Königskrönung zu Ende.



Quelle dieser modernen deutschen Übersetzung aus dem lateinischen Original: Inge Wiesflecker-Friedhuber, Hg., Quellen zur Geschichte Maximilians I. und seiner Zeit. Darmstadt: WBG, 1996, S. 43-47.

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