GHDI logo

Ein schwäbischer Schuster und Bauer, der den dreißigjährigen Krieg überlebt – Hans Heberle (1597-1677)

Seite 5 von 7    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


[ . . . ] Es sindt aber etlich wohl darvon komen, aber zum theil sindt vill erschoßen und erschlagen worden, die weibsbilder mehr theils gefangen und alerley mutwilen mit ihnen getriben worden, und darnach wider in die stat komen. Den 7 tag Hewmonet ist das volckh vor Albeckh ab und wegzogen, und ist ein compani reiter und ein companj vußvolckh dabliben.

[ . . . ]

In disem [16]35 jar haben wir vüll außgestanden und innen worden mit kriegstheürung und pestelintz, das vül tausendt sindt umbkomen und hunger gestorben.

Was den krieg belangt, so ist er in disem jar weitleffig beschriben worden. [Was] die theürung belangt, so ist es schwerlich hergangen, das der kern ist komen zu Ulm biß uff die 13 fl. Darbey ist es nit verbliben, sonder hat golten von 12 fl biß uff die 16, 17 und herauff biß uff die 20 fl. Dan es ist ja kein korn oder frucht under das kornhauß komen, sonder alethalben heimlich von denen beckhen erkaufft worden. Der rockhen hatt golten biß uff die 12 fl ein imen, erbiß 15 fl, haber 8 fl, schmalz und salz gilt einander gleich im gelt, dem pfundt und metzen nach biß uff die 9, 10, 11, 12 batzen. Der metzen salz ist aber gar hoch verkaufft worden. Zu Weidenstetten hat der Geißlinger metzen golten 17 und 20 batzen, der Ulmer metzen 1 fl, dan ich hab es selbers drumb kaufft und bezahlt, das zeüg ich mit mundt und feder, wie auch mit meiner eigne handtschrifft. Dan es ist so ein grosser jamer und elendt gewessen, das es nit genug zu sagen noch zu schreiben ist.

Dan auß diser teürung und hungersnot ist entstanden noch ein jamer uber alle jamer, nemlich ein sterbet und pestelentz, das vüll taußendt menschen sind zu grundt gangen durch hunger, krieg und pestelenz. Dan durch den hunger ist von denen armen menschen vüll greüwlich und abscheüliches dings auffgefressen worden. Alls nemlich allerley ungereimbten dings: hundt und katzen, meüß und abgangen vüch, roßfleisch, das der schinder und meister uff dem vassen sein fleisch von dem abgangne vüch, als roß, hundt und andere thier, ist hingenomen worden, und haben dannoch einander drumb gerißen und für köstlich gut gehalten.

Es ist auch für gut gehalten worden allerley kraut uff dem feld: die distel, die nesle, schersich, hanefüeß, schmerbel, schertele. In suma allerley kraut ist gut gewessen, dan der hunger ist ein guter koch, wie man im sprichwort sagt. Dan durch diese hunger ist ein grosser sterbet und pestelentz entstanden, das vüll taussend menschen gestorben. Dan Docter Conradt Düeterich von Ulm schreibt in sein neuwen jahrspredig uber das fünff und dreißig jar, das zu Ulm gestorben seyen uber die 15 000 menschen, die zur stat sindt hinauß getragen worden. Darunder sindt gewessen 5000 sechßhundert und 72 arme und betler, 4000 und 33 landtvolckh und außlendisch, fündelkinder 168. Vil tag sind hinaußgetragen worden 150, 160, 170, das ist das meste gewessen. Soll das nit ein jamer gewessen sein. Ja, ich glaub wol, es sey ein jamer uber ale jamer geweßen, dan ich hab es nit nur here sagen, sonder ich hab es selbers gesehen und gehert mit meinen augen und ohren.

Von dem Bragischen friden

Als nun in dem [16]35 jar der Keysser den Schweden wider zimlich getempfft und zuruckh getriben, das er vermeint, er werde kein fuß mehr ins Reich setzen, wiewoll er nit gar auß dem Reich war, sonder an dem endt deß möhres in Hinderpommern, da hat der Keysser sich widerumb befreündet mit dem curfürsten auß Sachßen, welcher vormals mit dem könig in Schweden verbunden und deß Keyssers feindt war.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite