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Vom Ziegenhirt in den Alpen zum Griechischlehrer – Thomas Platter (1499-1582)

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Demnach sind wier wider gan Minchen zogen; han da ouch miessen denn macherlon vom tůch, das doch nit min was, bättlen. Ueber ein jar kammen wier noch ein mall gan Ulm, im willen, aber ein mall heim zů ziechen; bracht aber das tůch wider mit mier und hiesch den macherlon. Do bin ich woll ingedenk, das ettlich zů mier sagten: „Botz marter! ist der rock noch nit gemacht? Ich gloube, du gangest mit bůben werch umb.“ Zugen also von dannen; weiß nit, wo das tůch hin kam, oder öb der rok gemacht sige worden oder nit.

Kamen aber ein mall heim und von dannen wider gan Minchen. Als wier uff ein suntag dohin kammen, hatten die bacchanten herberg, unser aber dry kleinne schützen keine; wolten gägend nacht in schrangen (das ist kornmarkt) gan liggen uff die koren seck. Do sassen ettliche wiber by dem saltzhuß an der gassen, fragten, wo wier hin welten, und do sy horten, das wier kein herbrig hatten, was ein metzgeri do; do die hort, das wier Schwitzer waren, sagt sy zů der jungfrowen: „Louff, henk den hafen mit der suppen und fleisch uber, das uns über ist bliben; sy můssen by mier über nacht sin; ich bin allen Schwitzeren hold; ich han zů Ißbrug in eim wirtzhuß gedient, do keiser Maximilianus do hoff hatt gehalten; do hand die Schwitzer vill mit im zů schaffen ghan, sind so frindlich gsin, das ich inen min läben lang will hold sin.“ Die gab uns gnůg zů essen und drinken, legt uns woll. Morndes sprach sy zů uns: „Wen üwer einer by mier welt sin, ich welt im herberg, zů essen und drinken gen.“ Wier waren all willig, fragten, welchen sy welte, und wie sy uns besichtiget, was ich etzwas frävener den die andren; ich hatt mer erfaren den die andren. Do nam sy mich, und bedorfft iren nütz zů thůn, dan bier reichen und die hüt und fleisch uß der metzg reichen, item etzwan mit iren uff das feld gan, mießt aber doch dem bacchanten praesentieren. Das hatt die frow nit gärn, sprach zů mier: „Botz marter! laß den pacchanten faren und byß by mier; du bedarffst doch nütz zů bättlen.“ Kam also in 8 tagen weder zů dem bacchanten noch in die schůll. Do kam er, klopfft an der metzgeri huß; do sprach sy zů mier: „Din bacchant ist do; sag, du sigist krank“, und ließ in in, sagt zů im: „Ier sind werlich ein finer herr; mechtend doch glůgt han, was Thoman dätte? Er ist krank gsin und noch.“ Sprach er: „Es ist mier leid, bůb; wen du wider uß magst gan, so kum zů mier“ etc. Darnach an eim suntag gieng ich in die vesper; sagt er nach der vesper zů mier: „Du, schütz, du kumpst nit zů mier; ich will dich ein mall mit fiessen drätten.“ Do nam ich mier für, er mießte mich nit mer drätten, gedacht hinweg zů louffen. Am montag sagt ich zů der metzgerin: „Ich will in die schůl und will mine hembdlin zů wäschen gen“; dorfft iren nit sagen, was ich im sin hatt, dan ich forcht, sy wurde es von mier sagen.

Fůr also mit trurigem hertzen von Minchen, zum teill, das ich von minem vetter lieff, mit dem ich so wyt umbher zogen was und mier aber so hart was und unbarmmhertzig; so row mich ouch die metzgerin, die mich so frintlich gehalten hatt. Zoch also über den fluß Iser ußhi (dan ich forcht, wen ich gägend dem Schwitzerland zů gienge, Paulus wurde mier nach zůchen, dan er mier und den andren offt getröwt hat, welcher hinweg liffe, so welte er im nachzüchen, und wo er im wurde, alle fieri abschlachen). Enent der Iser ist ein bühell; do satzt ich mich, gsach die statt an und weinet innenglich, das ich ietz niemantz mer hette, der sich minen anneme; gedacht gan Saltzburg oder gan Wien in Oesterrich zů ziechen. Als ich do saß, kumpt ein pur mit eim wagen, hatt saltz gan Minchen gfiert; der was schon voll, und was doch erst dsun uffgangen. Den bad ich, er solt mich lassen uffsitzen; mit dem fůr ich, byß das er usspien, den rossen und sich zů fůtren. Darzwischend hiesch ich im dorff, und nit wyt vom dorff wartet ich uff in und entschlieff. Als ich erwachet, weinet ich aber herzlich, dan ich meint, der pur weri für gefaren; mich bedůcht, ich hette min vatter verloren. Bald so kumpt er, was aber voll, hieß mich wider uff sitzen, fraget, wo ich hin welte. Sprach ich: „Gan Saltzburg.“ Als es nun abend was, fůr er ab der selben straß, sprach: „Stig ab! do ged die straß uff Salzburg“; waren den selben tag 8 mill gefaren. Kam in ein dorff. Als ich morgentz uffstůnd, was ein ryffen, als wen es geschnit hette, und hatt ich kein schů, alein zerrißne strimpfli, kein barret, ein iupplin an feld. Zoch also uff Passow zů; wolt do uff Donow sitzen und uff Wien zů. Als ich gan Passow kam, wolt man mich nit inlassen. Do gedacht ich, gägend dem Schwitzerland zů ziechen, fraged den torwächter, wo ich am nächsten gägend dem Schwitzerland mecht ziechen. Sprach er: „Gan Minchen.“ Ich sagt: „Gan Minchen will ich nit, will ehe 10 mil wegs oder noch witter umbziechen.“ Do wyß er mich gan Frisigen zů; do ist ouch ein hohe schůll. Do fand ich Schwitzer; die fragten mich, wannen ich kem etc. Eb zwen tag hin waren oder dry, kam Paulus mit einer halabarten. Die schützen sagten zů mier: „Din bacchant von Minchen ist hie und sůcht dich.“ Do lyff ich zum thor uß, als wen er hinden an mier gsin were, und zoch uff Ulm zů und kam zů miner sattlerin, die mier etzwen dfieß im beltz blätz gewärmpt hatt; die nam mich an, ich solt iren die rüben hietten uff dem feld. Das datt ich und gieng in kein schůll. Uber ettlich wuchen kumpt einer zů mier, der des Paulins gsell gsin was, der spricht: „Din vetter Pauli ist hie und sůcht dich.“ Do was er mier 18 mill nachzogen, den er hatt ein gůtte pfrůnd mit mier verloren: ich hatt in ettlich jar ernert. Do ich das aber hort, wie woll es schier nacht was, liff ich zum thor uß uff Costentz zů und weinet aber innenglich, dan die lieb frow row mich gar übell.

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