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Vom Ziegenhirt in den Alpen zum Griechischlehrer – Thomas Platter (1499-1582)

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Als wier schier gan Minchen kamen, was zů spat, das wier nit in die stadt mochtend; mießtend by den feldsiechen übernacht sin. Do wier morgens zum thor kamen, wolt man uns nit inlassen, wier hettend den ein bürgen in der staat, den wier kandtend. Do was min vetter Paulus vorhin zů Minchen gsin; dem ward erloubt, den zů reichen, by welchem er zherberg gsin; der kam, versprach für uns; do ließ man uns in. Do kam ich und Paulus zů eim seiffensieder, mit namen Hans Schräll; was magister Viennensis, was aber dem pfaffenwerch fiend; nam ein schöne dochter (welcher do nach vill jaren mit siner frowen herr gan Basell kummen ist und hie ouch sin gwerb triben, welcher noch vill lütten hie bekant). Dem selben meister halff ich mer seiffen sieden, den ich in die schůl gienge, und zoch mit im in die dörffer gan äschen kouffen. Paulus aber gieng in der pfar zů unser frowen in die schůll, so ouch ich, aber sälten, alein drumb, das ich dörffte uff der gassen umb brott singen und minem bacchanten, dem Paulo, praesentieren, das ist zů ässen zů tragen. Die frow im huß hatt mich vast lieb, dan sy hatt ein alten schwartzen blinden hund, der hatt kein zan mer; dem můßt ich zů ässen gen, im betten und im hoff fierren gan etc. Sprach sy alle zyt: „Tömlin, thů mier mim bätzlin das best; du můst sin gniessen.“

Do wier do ein zyt lang waren, wolt Paulus zfill kundschafft mit der iungfrowen machen; das mocht der meister nit liden. Ward Paulus zrad, wier weltend ein mall heim zien, dan wier waren in fünff jaren nit heim gsin. Zugen also heim in Walleß. Do konden mich mine frind schier nit mer verstan, sprachen: „Unsers Tomilin red so tieff, das in schier niemantz verstan kan“ (dan die will ich iung was, hatt ich von ieglicher sprach etzwas gelärnet, do ich die will gsin was). In der zyt hatt min můtter aber ein andren man überkummen, dan der Heintzman am Grund was gestorben; hatt an Terminen einen gnummen, hies Thoman an Gärsteren, der halben ich aber nit vill zů flucht by iren hatt; was vast by minen bäßlinen, doch am meisten by mim vetter Simon Summermatter und bäslin Fransy.

Bald hernach zugen wier wider darvon, uff Ulm zů. Do nam Paulus noch ein bůben mit im, der hieß Hiltebrandus Kalbermatter, eins pfaffen sůn, was ouch noch iung; dem gab man tůch, wie man das macht im land, zů eim röklin. Als wier gan Ulm kamen, hieß mich Paulus mit dem tůch umbher gan, den macherlon darzů heischen; mit dem überkam ich vill gält, dan ich hatt das gutzlen und bättlen woll gewont, dan darzů hatten mich die bacchanten angentz brucht, gar nit zů den schůlen zogen und nůr nit gelert läsen, nachdem ich sälten in die schůll gieng und angentz, wen man in dschůll solt gan, mit dem tůch umb gieng. Do han ich grossen hunger ghan; dan alles, was ich überkam, bracht ich den bacchanten; ich hette nit ein bitzlin geessen, den ich forcht das strichen. Paulus hat ein andren bacchanten zů im gnon, hieß Achacius, was von Mentz; denen mießt ich und min gsell Hildeprant praesentierren; aber min gsell fraß schier als. Dem giengen sy uff der gassen nach, das sy in essend fundent, oder sy hiessen in das mull mit wasser schwenken und in ein schüsslen mit wasser speitzen, das sy sächen, öb er etzwas gfrässen hette; den wurffen sy in in ein bett, und ein küssin uff den kopff, das er nit schrien möchte, schlůgen in dick bed bacchanten, das sy nüt mer mochten. Dorumb forcht ich mich, bracht alle ding heim; hatten offt so vill brot, das es graw ward; do schnitten sy den ußwendig das graw ab, gabens uns zů essen. Do han ich offt grossen hunger ghan und bin übel erfroren, drumb das ich offt byß umb mitte nacht in der finstre han miessen umbher gan singen umb brot. Do mag ich nit fürgan, můß anzeigen, wie zů Ulm ein fromme witwen was; hat zwo erwaxen döchtren, die noch kein man hatten, ouch ein sun, hieß Paulus Reling, <hatt> ouch noch kein wib. Die witwen hat mier offt im winter mine fieß in ein warmen beltz bletz gewigglet, den sy hinder den ofen gelegt hatt, wen ich kem, das sy mier mine füß wermette, und gab mier den ein schusslen mit můß; ließ mich den heim faren. Ich han woll hunger gehept, das ich den hunden bein uff der gassen han abgeiagt, die genaget, item broßmen in der schůll uß den kleken gesůcht und geessen.

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