GHDI logo

Die Kindheit eines Jungens in Köln um 1810 (Rückblick)

Seite 7 von 8    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


Die Elementarstudien der Mädchen wurden in den katholischen Schulen nicht so weit getrieben. In den mittleren Bürgerclassen ist es eine Seltenheit, wenn eine Schöne »in der Feder erfahren«, das heißt etwas mehr, als ihren Namen schreiben und geläufig lesen kann. Die »Jungfern«, der ehrwürdige Name der Lehrerinnen, sahen mehr auf praktische Bildung für die Häuslichkeit. Besonders gepflegt wird die Strickkunst. In der »Planche«, dem Schulkasten der Mädchen, fehlt neben der »Hós«, so nennt der Kölner altdeutsch den Strumpf, nie der Zeichenstahle, ein Stück Wirktuch, auf dem mit bunter Baumwolle Buchstaben, Ziffern und als bewunderte Kunstwerke der Name Jesus, Blumentöpfe, Monstranzen und dergl. gestickt werden, und eben so wenig der Stopfstahle. Unsere Mütter hielten viel, sehr viel aufs Stopfen. Fing die Leinwand an irgend einer Stelle an, dünn zu werden, sofort mußte gestopft werden, in echt kölnischen Familien, und zwar wohlhabenden, stopfte man sogar den Schüsselwisch, den kölnischen »Spölsplagge«. Die Mädchen erhielten gewöhnlich eine häusliche Arbeit, einen »Feier«, das hieß so oder viele Näthchen zu stricken, und daß diese Feier sorgfältig gemacht wurde, darauf achteten die strengen Mütter. Für die höhere Bildung der Mädchen sorgten einige so genannte französische Schulen. [ . . . ]


Kinder-Spiele.

[ . . . ]

Zu allen Jahreszeiten nach der Schulzeit, an den freien Nachmittagen, den Sonn- und Feiertagen, an denen damals kein Mangel, hatten die Franzosen auch schon ziemlich aufgeräumt, auf allen Plätzen und Plätzchen der lauteste Kinderjubel, die spieltollste Kinderfreude, in den engen Straßen selbst das heiterste Kinderleben mit seiner reichen Poesie. Welch’ ein Schatz von Kinderliedern! Ueberhaupt fand das Volkslied noch, wie früher in allen deutschen Städten, in Köln die lebendigste Pflege. Des öffentlichen Lebens Lust und Leid sprach sich im Liede aus, und der Schalksnarr des derbsten Bürgerwitzes geißelte scharf auffallende Lächerlichkeiten und Schwachheiten [ . . . ]

Fängt es an zu frühlingen, steckt das Jahr seine ersten Maien aus, beginnt auch der Lerchenjubel der Kinderfreude. Wir Kinder wurden hinausgetrieben in die ersten Maischauern, denn ein Mairegen macht groß [ . . . ]

Eine gewöhnliche Unterhaltung bildet das Erzählen der Kinder unter einander, wobei die Thierfabel, die Verzellchen vom Wölfchen und vom Füssjen, die Mährlein vom Daeumeling, vom Schmittchen von Bielefeld, von Johannes Unverzag, sibben en einem Schlag und wie der Mährchenschatz heißt, den Stoff bieten. Hochgeachtet von den Kindern sind die Knechte und Mägde, die reich an solchen Erzählchen, wo es des Spukes und der Hexengeschichten so viele gab und so grausliche, daß die Kleinen ohne Gänsehaut und böse Träume nicht davon kamen: die Furcht uns aber auch eingeimpft ward. Bei gemischten Kinderkreisen wird auch »Plumpsack« aufgeführt. Bannt schlechtes Wetter die Kinder ins Haus, oder sind sie bei einander auf Besuch, dann ist das gewöhnlichste Spiel »Piepiep!«, wie das Versteckenspiel im Kölnischen heißt. In den Häusern der Reicheren entzückt zuweilen eine Optik oder eine Laterna magica die Kleinen mit ihren Wundern [ . . . ]

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite