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Philip Wilhelm von Hörnigk „Österreich über Alles, wenn es nur will” (1684)

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Auf die Fülle folgt die Hülle, oder die Kleidung, und was sich dahin schreibt. Zu deren Behuf geben die Erbland Woll, Lein und Haut. Woll zwar Böhmen die beste, insonderheit die lange Woll im Pilsnischen Kreis, zu Vorteil der Zeugmacherei. Schlesien kommt dem Böhmenland in der Menge und Güte zum nächsten. Mähren so ferner. Österreich und Ungarn hat die Genüge, doch von schlechter Feine. Der Leinbau hat in Schlesien, Ober- und teils Innerösterreich gleichsam seinen eigenst gewidmeten Sitz gehabt, von wannen sich viele der Benachbarten und teils weit entlegene versehen haben, und noch; weit davon, daß sie vor die Erblande nicht sollten genug sein. So ist an Überfluß der Häute von allerhand Gattung, (das köstliche Rauch-Gut ausgenommen), so viel weniger zu zweiflen, als selbiger eine notwendige Folge obig gerühmter Viehezucht und der Wildbahn ist. Hierunter tun auch die zahme Königlein und Biberhaar nicht ermanglen. Der Hülle folgt die Decke, nemlich die Wohnung, wozu Erden und Ton, Holz und Stein erforderlich. Deren aber, sowohl was die Menge als Tauglichkeit betrifft, in den Erblanden nirgend ein Abgang, auch sonsten wenig davon zu reden ist. Sogar ermanglen die treffliche Marmor- und andere achtbare Stein nicht, wann nur die Mühe des Brechens und Zuführens nicht geschonet wird. Das Caplierische Schloß Milnschaw in Böhmen ist auf einem lautern Jaspis-Felsen gebauet. Endlich bestehen die übrigen Behufnussen menschlicher Subsistenz in allerhand Werkzeugen, auch Haus- und Zierraten, deren viel aus Stein, Erden, Gold, Silber, Woll, Lein, Leder und dergleichen, wovon bereit gesprochen, verfertigt werden. Andere aber bestehen aus den geringen Metallen, deren mit einem, sonst in der kundbaren Welt, außer China, meines Wissens, niergends erfindlichem Exempel, die Erbland nicht eines einigen ermanglen. Dann Kupfer und Eisen bricht fast durchgehend in allen. Zinn gibt Böhmen von Alters das Schlackenwaldische, ohne welches auch das Englische nicht gebührend gearbeitet wird. Und nun tut sich dessen am Geyersberg ein solcher Uberfluß herfür, daß es das Ansehen gewinnt, ob sollte mit der Zeit fast eine halbe Welt damit können versehen werden, und weichet teils dessen dem Englischen in nichtes ein Haar. Bleies gibt Kärnten bei Villach, irgendwo Böhmen, auch Ungarn so viel, daß es genug ist, und hat Obersteier im Admontischen, beim Dorf Schlamming, ein Erz, dessen der Zentner sechzig Pfund halten soll, aber nicht gebauet wird. Hydria (aeterni liquori vomica) schüttet Quecksilber so freigebig, daß wann es nach allem Vermögen sollte angegriffen werden und sich Verschleisses genug dartäte, die ganze Welt damit zu verlegen wäre. Dannenhero es für ein Kleinod der Erblande gehalten wird. Auch gehören die Mineralien hieher, deren fürnehmste, als Schwefel, Kupferwasser und Spießglas, Ungarn allein, von den andern nichts zu sagen, so häufig gibt, daß wiederum eine ganze Welt damit zu versorgen wäre. Alle übrige seind in Menge und Überfluß, eines hie, das andere dort, und hat bevorab Ungarn das Berggrün und damit ein ziemliches Monopolium. In Tyrol fällt Galmei, dannenhero alldort auch etwas Messing bereitet wird. Welcher Ort nun alle Metallen und Mineralien besitzt, allda können auch die Materialien zu mineralischen Farben nicht weit sein, wenigst wann die Mühe dazu nicht geschonet wird. Von Salzen findet sich des Erdsalzes oder Salniters aller Orten genug, in Ungarn aber die Fülle. Böhmen scheint, daß es des Alauns eigenes Vaterland werden wolle, maßen sich dessen gegen den Meißnischen Grenzen unglaubliche Bergwerk herfür tun, wann nur jemand genugsamen dessen Verschleiß zuweisen wollte. Des Holzes, so der fürnehmste Zeug für allerhand zu menschlicher Subsistenz dienliche Instrumenten ist, findet sich einiger Orten so viel und in so bedauerlichem Uberfluß, daß derjenige, so nur anweisen könnte, wie seiner mit Nutzen los zu kommen, keinen geringen Dank verdienen sollte, und manglet dessen auch zu Masten und Schiffbau nicht, geschweigen zu anderem. Die Edle Gesteine gehöhren auch zu diesem Titul als der fürnehmste Zierrat. Deren schenkt uns Ungarn die Opalen und Nephritstein, Böhmen die edelste Granaten, aber klein, auch Lasur, dann ferner Demanten, Amethysten, Saphier, Topasen, Carniolen, Aquamarin, Achaten, Jaspis, allerhand Farben, Perlen, doch in etwas niedriger Würde, samt dem angenehmen Serpentin.

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