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Politisches Testament Friedrichs II. („des Großen”)(1752)

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Es kann gut sein, bei schwierigen Fällen einen Minister, den man für den besonnensten und erfahrensten hält, um Rat zu fragen; wenn man noch einen konsultieren möchte, dann geschehe das getrennt vom ersten, damit man nicht dadurch, daß man der Meinung eines der beiden den Vorzug gibt, Groll stiftet, der dann kein Ende nimmt. Ich selbst bewahre jedes Geheimnis in mir; ich habe nur einen Sekretär, dessen ich mich bediene (und seiner Zuverlässigkeit bin ich sicher): sofern ich mir also nicht selbst untreu werde, ist es unmöglich, daß man erfährt, was ich plane. Die Minister hier sind nur mit Angelegenheiten befaßt, die das Reich betreffen; alles, was bedeutende Verhandlungen, Verträge und Bündnisse betrifft, geht durch meine Hände. [ . . . ]


Über die Außenpolitik

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[Als er sich der Außenpolitik zuwendet, weist Friedrich darauf hin, dass „wir durch unsere geographische Lage Nachbarn der größten Herrscher Europas sind; alle diese Nachbarn haben ihren Neid uns gegenüber gemeinsam und sind geheime Feinde unserer Macht. Die geographische Lage ihrer Länder, ihre Ambitionen, ihre Interessen, all diese verschiedenen Konstellationen legen die Prinzipien ihrer politischen Maßnahmen fest, die mehr oder weniger verborgen werden, je nach Zeit und Lage der Dinge.“

Friedrich begutachtet danach die Liste der Feinde Preußens: Österreich, der bei weitem ambitionierteste unter ihnen und außerdem „unter allen europäischen Mächten das Land, das wir am tiefsten gekränkt haben, das niemals weder den Verlust Schlesiens, noch den Verlust jener Autorität, die wir mit Österreich in Deutschland teilen, vergessen wird“; England mit Hilfe Hannovers; Russland – nur „ein zufälliger Feind“ aufgrund der persönlichen Politik seines Kanzlers Bestuschew (wenn man ihn los werden könnte, „dann würden die Verhältnisse in ihren natürlichen Zustand zurückkehren“); Sachsen - „ein Schiff ohne Kompass; die Niederlande – „ohne ausreichendes Urteilsvermögen um einschätzen zu können, wen es lieben und wen hassen sollte.“ Demgegenüber würden Preußens natürliche Verbündete von Frankreich angeführt, aber Friedrich zählt auch noch andere, kleinere Mächte hinzu, hauptsächlich jene, die sich von Österreich bedroht fühlten. Er fährt fort:]

Nach der jetzigen Lage der Dinge meint ihr mit Recht, daß es Preußen niemals an Verbündeten fehlen wird. Um sie auszuwählen, muß man sich von jeglichem persönlichem Groll wie auch von jeder Art vorgefaßter Meinung, sei sie nun gegen jemanden gerichtet oder für jemanden gefaßt, frei machen. Das Interesse des Staates ist der einzige Beweggrund, der im Rat der Fürsten entscheiden darf. Unsere gegenwärtigen Interessen bestehen vor allem seit dem Erwerb Schlesiens darin, mit Frankreich wie auch mit allen Feinden des Hauses Österreich in gutem Einvernehmen zu bleiben. Schlesien und Lothringen sind zwei Schwestern, von denen Preußen die ältere und Frankreich die jüngere geheiratet hat. Dieser Bund zwingt sie beide, die gleiche Politik zu verfolgen. Preußen darf nicht ruhigen Blicks zusehen, wie Frankreich des Elsaß’ oder Lothringens beraubt wird, und die Ablenkungsmanöver, die Preußen zugunsten Frankreichs unternehmen könnte, wären wirksam, weil sie augenblicklich den Krieg mitten in die Erbländer trügen. Frankreich kann aus ähnlichem Grund nicht dulden, daß Österreich Schlesien zurückerobert, da das denjenigen seiner Verbündeten allzusehr schwächen würde, der ihm hinsichtlich seiner Interessen im Norden und im Reich von Nutzen ist und dessen Diversionen (wie ich eben gesagt habe) im Fall einer drohenden und unvorhergesehenen Gefahr Lothringen und das Elsaß mit Sicherheit retten würden. [ . . . ]

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