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Politisches Testament Friedrichs II. („des Großen”)(1752)

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Über die Städte und die Bürger

Ich habe den Städten in den alten Provinzen die Freiheit gelassen, ihren Magistrat zu wählen, und mich in diese Wahlen nur dann eingemischt, wenn dabei Mißstände auftraten und Bürgerfamilien zum Nachteil der Mitbürger alle Gewalt an sich zogen. In Schlesien habe ich in der Befürchtung, daß Leute, die dem Haus Österreich ergeben sind, Schöffenstühle besetzen, das Wahlrecht aufgehoben. Mit der Zeit, und wenn die heutige Generation nicht mehr dasein wird, kann man Schlesien ja, ohne Gefahr zu laufen, sein Wahlrecht wiedergeben.


Über die Bauern

Ich habe bei den Bauern die Frondienste, die sie in der Vergangenheit zu leisten hatten, eingeschränkt: statt wie früher sechs Tage in der Woche zu dienen, brauchen sie nur noch drei Tage Fronarbeit zu leisten. Das hat die vom Landadel abhängigen Bauern aufgebracht, und sie haben sich ihrem Herrn widersetzt. Der oberste Landesherr muß auf Kräfteausgleich zwischen dem Bauern und dem Edelmann sehen, damit sich beide nicht gegenseitig ins Verderben stürzen. In Schlesien, Oberschlesien ausgenommen, steht sich der Bauer sehr gut; in Oberschlesien ist er leibeigen. Mit der Zeit sollte man danach trachten, ihn frei zu machen. Ich bin in meinen Domänen mit gutem Beispiel vorangegangen; dort habe ich begonnen, die Bauern denen in Niederschlesien gleichzustellen. Man muß die Bauern aber daran hindern, Land von den Adligen zu kaufen, und den Adligen ist das Bauernlegen zu verwehren, weil die Bauern nicht als Offiziere in der Armee dienen können, und die Adligen, wenn sie auf dem Bauernland Vorwerke gründen, die Zahl der Einwohner und der Ackerbau Treibenden verkleinern würden. [ . . . ]


Soll ein Landesfürst selbst regieren?

In einem Staat wie diesem muß der Fürst zwangsläufig seine Geschäfte selbst führen, da er ja, wenn er klug ist, nur dem öffentlichen Interesse folgen wird, das zugleich sein eigenes ist, und ein Minister in den Angelegenheiten, die seine eigenen Interessen betreffen, immer abweichende Ansichten hat; er wird, statt Personen von Verdienst zu befördern, die Stellen mit seinen Geschöpfen besetzen und versuchen, sich mit Hilfe einer Anzahl von Personen, die er an sein eigenes Schicksal bindet, selbst stärker zu machen. Während der Fürst den Adel unterstützt, wird er den Klerus in seine ihm angemessenen Schranken verweisen, er wird in keiner Weise zulassen, daß die Prinzen von Geblüt intrigieren oder Ränke schmieden, und das Verdienst belohnen, ohne daß jenes Interesse ins Spiel kommt, das die Minister in allem, was sie tun, insgeheim verfolgen.

Wenn es aber notwendig ist, daß der Fürst selbst die inneren Angelegenheiten seines Staates leitet, um wieviel notwendiger ist es dann, daß er seine Politik selbst betreibt, Bündnisse eingeht, die er allein für angebracht hält, seine Pläne selbst entwirft und in heiklen und bedenklichen Lagen allein Stellung bezieht.

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